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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 47.1920-1921

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Kraft, Leonhard: Kunsthandwerk und Erziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.9122#0122

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Kunsthandwerk und Erziehung.

vally wieselthier. keramik »hund«

der Künste, und sie wird das immer sein. Das
gilt in gleichem Maße, ob sie nun im Raum-
gestalten das seelisch Befreiende findet oder
sich im plastischen Formen in strenger Ge-
bundenheit der Rundplastik nähert.

Ob der einzelne Künstler den Weg zu solchem
Schaffen über das Handwerk findet oder nicht,
ist gleichgültig; er muß ihn nur überhaupt
finden. Zu allen Zeiten hat das Handwerk dem,
der auf seinen Pfaden darnach suchte, viel ge-
geben. Die Frage, ob es in alt überkommenen
Erziehungsformen heute noch verharren kann
und darf, ist darum keine unwesentliche. Es
ist falsch, wenn man das Handwerk in seinem
Verhältnis zur Kunst nur als den empfangenden
Teil hinstellen will, beide Teile geben und neh-
men. Was das Handwerk vor allem dem Wer-
denden an Zielbewußtsein und Ausdauer
übermitteln kann, muß in ihm lebendig bleiben,
muß da, wo eine Einwirkung der Schule ein-
setzt, noch vertieft werden. Die Werkstatt
kann die Schule nicht mehr ausschalten, und
die Schule kann und soll die Werkstatt nicht
ersetzen, aber beide sollen dem zur Künstler-
schaft Aufstrebenden ihr Bestes auf den Weg
mitgeben. Dazu muß die Schule von der Werk-

statt lernen, nicht um eine neue Art Handwerk
zu züchten, sondern, um den Weg über die
Werkstatt zum Künstlertum frei zu machen.

Der Aufstieg der aus der Werkstatt tief-
innerlich zur Künstlerschaft Drängenden muß
ungehemmt vor sich gehen, dann werden die
überflüssigen „Entwerfer" schon verschwinden.
Nicht weil diese entstehen konnten, darf man
die Schulen bekämpfen und als Verschwendung
von Volksvermögen bezeichnen. Das hieße das
Kind mit dem Bad ausschütten. Solche uner-
freulichen Erscheinungen werden bedeutungs-
los, wenn ein gesunder Strom Werkstattluft
in die Schulen hineinbläst und das innerlich
Hohle darin zum Verdorren bringt. Dann wer-
den die für solche Lehrstätten aufgewendeten
öffentlichen Mittel nicht mehr des schönen
Scheins wegen verausgabt sein, das Heer der
Besucher wird freilich zusammenschmelzen.
Aber Quantität ist es ja nicht, was diesen Zeiten
nottut, Qualität fordert auf lange hinaus das
Gebot der Stunde. Es bleibt klar, daß bei
dieser Umstellung der Erziehung, namentlich
zum Kunsthandwerk, örtliche Forderungen in
erster Linie stehen müssen. Man kann nicht
allerorten alles machen wollen, dr. leonh. kraft.
 
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