Zur Kunst Oskar Molte.
nation". Man darf also sagen: „Geschmack"
— ein Wort, das den Schauder der Priester er-
regt. Matisse spricht von „balance" und „equi-
libre" — er hat formale Grundsätze.
Auch eine solche Kunst „klebt" nicht „am
Modell", sondern geht von ihm nur aus, um
Form an sich zu erreichen; allerdings nicht, um
wesentlich etwas Unsichtbares auszudrücken
(worin gewiß gerade eine unbeirrt deutsche
Kunst oft das Größte gewonnen hat). Sie flieht
den „schönen Schein", die „Welt" nicht, sie
taucht und saugt sich in die lichtvolle Fülle der
Natur ein, sie erlebt sie.
Sie erlebt sie — aber sie weiß, daß man ihren
Eindruck nicht abschreiben kann: sie setzt um.
Sie organisiert das Sichtbare. Jeder künstle-
rische Mensch kennt die schöne Qual des starken
Eindrucks: „Was mache ich damit?" —Niemals
das Gleiche, das er „ist", sondern etwas An-
deres, das ihn „ausdrückt". Dieses Andere hat
überall seine Gesetze — „balance" und „equi-
libre" nennt die Matisse-Schule die ihren. Ihre
Mittel sind die Fläche bis in das Format
hinein und die reine Farbe.
„Die Haupttöne machen nicht allein die Vor-
stellung aus; da ist irgendwo ein kleiner Farb-
fleck, ohne den die Balance zerflattern würde.
Überhaupt, mit der Farbe ist es merkwürdig.
Für mich ist jede Farbe schön, das grellste Rot
oder Gelb kann durch Gegengewicht zum
Klingen gebracht werden. Nicht nur die Kon-
traste sind zu beachten, sondern die verwandten
nation". Man darf also sagen: „Geschmack"
— ein Wort, das den Schauder der Priester er-
regt. Matisse spricht von „balance" und „equi-
libre" — er hat formale Grundsätze.
Auch eine solche Kunst „klebt" nicht „am
Modell", sondern geht von ihm nur aus, um
Form an sich zu erreichen; allerdings nicht, um
wesentlich etwas Unsichtbares auszudrücken
(worin gewiß gerade eine unbeirrt deutsche
Kunst oft das Größte gewonnen hat). Sie flieht
den „schönen Schein", die „Welt" nicht, sie
taucht und saugt sich in die lichtvolle Fülle der
Natur ein, sie erlebt sie.
Sie erlebt sie — aber sie weiß, daß man ihren
Eindruck nicht abschreiben kann: sie setzt um.
Sie organisiert das Sichtbare. Jeder künstle-
rische Mensch kennt die schöne Qual des starken
Eindrucks: „Was mache ich damit?" —Niemals
das Gleiche, das er „ist", sondern etwas An-
deres, das ihn „ausdrückt". Dieses Andere hat
überall seine Gesetze — „balance" und „equi-
libre" nennt die Matisse-Schule die ihren. Ihre
Mittel sind die Fläche bis in das Format
hinein und die reine Farbe.
„Die Haupttöne machen nicht allein die Vor-
stellung aus; da ist irgendwo ein kleiner Farb-
fleck, ohne den die Balance zerflattern würde.
Überhaupt, mit der Farbe ist es merkwürdig.
Für mich ist jede Farbe schön, das grellste Rot
oder Gelb kann durch Gegengewicht zum
Klingen gebracht werden. Nicht nur die Kon-
traste sind zu beachten, sondern die verwandten