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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 47.1920-1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.9122#0351

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Die Kunst rüstet sich, diese Erkenntnis zu
übernehmen und auszuwirken. Seien wir uns
klar, daß darin ein gewisser Verzicht, eine ge-
wisse Ermattung liegt. Hält sich der Künstler
jetzt wieder mit treuerer Liebe an die strahlende
und farbige Außenseite der Natur: darin liegt
noch durchaus keine Gewähr für höheren Innen-
wert des Kunstwerks. Der Expressionismus
war ein stürmischer Verzicht auf Form, weil
er Bewegung sein wollte, Aufschwung zu der
Möglichkeit höherer und höchster Formleistung.
Das bescheidene Stehenbleiben bei einer treuen
und liebevollen Beziehung zum Modell kann
sehr leicht ein ruhiger Verzicht auf Form sein.
Denn die Wahrheit, daß Modellschilderung keine
Gewähr für Formleistung bietet, gilt nach dem
Expressionismus so gut wie vor ihm.......

Trotzdem wird die eben einsetzende Be-
ruhigung zu begrüßen sein. Sie wird eine An-
zahl der ärgerlichsten Mitläufer beiseite jagen.
Sie wird die Kluft zwischen Volk und Kunst,
wenn nicht schließen, so doch gangbar über-
decken. Und sie wird vielleicht imstande sein,
Kräfte ins Licht des Tages zu rücken, die Tüch-
tiges und Gutes zu bieten haben. Das Große
freilich, das Entscheidende und Führende, ist
durch das Rezept der Beruhigung so wenig ge-
sichert wie durch das Rezept der Erregung. Es
ist das unberechenbare Naturereignis, das Ge-
schenk vom Himmel. In den wechselnden Rich-
tungen lebt sich die Zeit aus, der namenlose, ent-
schwebende Augenblick. Das ist gut und wert-
voll und niemals ohne Interesse. Durch das
Genie aber spricht das Ewige, der Gott, h ritter.

wiener werkstätte • dag. peche. »vogel aus silber
 
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