Gibt es für den Künstler verbindliche Gesetze der Farbenwahl?
WIENER
WERKSTÄTTE.
DAG. PECHE.
»HÄNGE-
LEUCHTER«
MESSING.
um wirklich in ihr zu dichten, wenn auch
gelegentliche Verse und gefällige Wendungen
wohl jedem einzelnen gelingen. Man kann viel-
leicht noch weiter gehen: nur der dichterisch
wahrhaft Begabte erwirbt jene unerläßliche
Geschmeidigkeit der Sprache. Dem Unbegabten
bleiben die Worte Mittel zur Verständigung,
nicht mehr. Er erfaßt nicht ihre Klangfarbe,
ihren Rhythmus, die mögliche Architektur ihrer
Abfolge usw. Also die echte und verwertbare
Erlernung des künstlerischen Handwerks setzt
schon die eigenartige Begabung voraus, und
diese wird wieder rückwirkend vom Handwerk
befruchtet, erst erlöst und befreit. Und das ist
dann allemal schon ein persönliches „Handwerk",
nicht eine starre unpersönliche Lehre. Der
Unmusikalische, der Musiktheorie studiert,
versteht sie im Grunde nie, er belädt sich bloß
mit Gedächtniskram und Schulwissen. Die
Kenntnisse schmelzen nicht ein in lebendige
Fähigkeiten, die nun aus dem Ich hervorbrechen.
Wie steht es um die künstlerische Farben-
lehre? In ihren Hauptsätzen ist sie ja recht
alt und keineswegs eine Frucht der Gegenwart.
Goethe zählt zu ihren vornehmsten Ahnherren.
Wenn in den letzten Jahrzehnten wissenschaft-
liche Arbeit auch auf diesem Gebiete sich erfolg-
reich betätigt hat — in bescheidenem Rahmen
konnte ich mich selbst an diesen Forschungen
beteiligen —, war sie doch niemals von der
Hoffnung getragen, das künstlerische Schaffen
zu reformieren, sondern von dem Streben be-
seelt, die Sachverhalte der Welt und des Lebens
zu erkennen. In der Poesie haben heute alle
Schulmeister, wenn auch manche nur wehmütig,
anerkannt, daß Theorie in gar keiner Weise
WIENER
WERKSTÄTTE.
DAG. PECHE.
»HÄNGE-
LEUCHTER«
MESSING.
um wirklich in ihr zu dichten, wenn auch
gelegentliche Verse und gefällige Wendungen
wohl jedem einzelnen gelingen. Man kann viel-
leicht noch weiter gehen: nur der dichterisch
wahrhaft Begabte erwirbt jene unerläßliche
Geschmeidigkeit der Sprache. Dem Unbegabten
bleiben die Worte Mittel zur Verständigung,
nicht mehr. Er erfaßt nicht ihre Klangfarbe,
ihren Rhythmus, die mögliche Architektur ihrer
Abfolge usw. Also die echte und verwertbare
Erlernung des künstlerischen Handwerks setzt
schon die eigenartige Begabung voraus, und
diese wird wieder rückwirkend vom Handwerk
befruchtet, erst erlöst und befreit. Und das ist
dann allemal schon ein persönliches „Handwerk",
nicht eine starre unpersönliche Lehre. Der
Unmusikalische, der Musiktheorie studiert,
versteht sie im Grunde nie, er belädt sich bloß
mit Gedächtniskram und Schulwissen. Die
Kenntnisse schmelzen nicht ein in lebendige
Fähigkeiten, die nun aus dem Ich hervorbrechen.
Wie steht es um die künstlerische Farben-
lehre? In ihren Hauptsätzen ist sie ja recht
alt und keineswegs eine Frucht der Gegenwart.
Goethe zählt zu ihren vornehmsten Ahnherren.
Wenn in den letzten Jahrzehnten wissenschaft-
liche Arbeit auch auf diesem Gebiete sich erfolg-
reich betätigt hat — in bescheidenem Rahmen
konnte ich mich selbst an diesen Forschungen
beteiligen —, war sie doch niemals von der
Hoffnung getragen, das künstlerische Schaffen
zu reformieren, sondern von dem Streben be-
seelt, die Sachverhalte der Welt und des Lebens
zu erkennen. In der Poesie haben heute alle
Schulmeister, wenn auch manche nur wehmütig,
anerkannt, daß Theorie in gar keiner Weise