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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

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Osborn, Max: Ein Vierteljahrhundert deutscher Kunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0023

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EIN VIERTELJAHRHUNDERT DEUTSCHER KUNST.

VON MAX OSBORN.

Wenn die Erinnerung zu dem Bilde zu-
rückschweift, das die deutsche Kunst ge-
währte, als diese Blätter zum erstenmal hervor-
traten, und zu der gewaltigen Entwicklung, die
sich seitdem vollzog, so ist man nicht erstaunt,
daß seitdem ein Vierteljahrhundert verstrich,
sondern eher versucht, dieFrage zu stellen: Er s t
fünfundzwanzig Jahre? Denn ungeheuer weit
erscheint der Weg, den wir inzwischen zurück-
gelegt, endlos ausgedehnt das Auf und Ab der
Schicksale, die Kunst und Kunstgewerbe in
Deutschland seit 1897 durchgemacht haben.

Es gehört zu den Merkmalen dieses J ihres,
daß ihm unsere Zeitschrift entsprang. Ihre
Begründung war eine Tat. Sie faßte mit
beherztem Griff Kräfte zusammen, die eben
erst die Flügel regten, vereinzelt herumirrten
und sich nach einer gemeinsamen Führung sehn-
ten, um ihre Wirkung breit und voll entfalten
zu können. Die moderne Bewegung der Ma-
lerei hatte schon zu Beginn des Jahrzehnts ein-
gesetzt; 1892 war in Berlin die Vereinigung

der „XI.", im Jahre darauf in München die
erste Sezession entstanden. Die Begriffe der
Freilichtmalerei und des Impressionismus hatten
sich bereits eingebürgert. Aber nun erst wurde
der Sinn der Reformen, die hier und anderswo
ihr Haupt erhoben hatten, tiefer verstanden.
Was Malerei, Plastik, Architektur, zeichnende
Künste leisteten, stand bisher ohne Verbindung
nebeneinander. Noch fehlte das Band eines
neuen Kunstgefühls von gefesteten Formen, das
imstande gewesen wäre, den Zusammenschluß
herzustellen. Jetzt tauchte ein neues großes
Ideal auf: das ganze Leben künstlerisch
zu gestalten, nicht neben dem modernen
Leben, sondern in ihm Kunst zu finden, es selbst
mit seinen Wurzeln in den Garten der künst-
lerischen Form zu verpflanzen. Diesem Ge-
danken sollten die Hefte dienen, die nun von
Darmstadt aus ihren Weg durch Deutschland
nahmen. Sie wollten den Bestrebungen, die
sich allenthalben geltend machten, eine ver-
nehmliche Stimme geben, ein Mittel weit-

OWt.-Nov. 1921, 1

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