otto hit/.berger— berl1n.
»bekrönung einer uhr«
DEUTSCHE GEWERBESCHAU MÜNCHEN 1922.
In beschränktemWettbewerb um die malerische
Ausgestaltung der Haupthallenstirnwand sind
fünf Entwürfe eingelaufen. Das Ergebnis ist
insofern belehrend, als sich die Diskrepanz zwi-
schen Zeitgeist und Kunstgeist wieder einmal
besonders klar zeigt. Der zur Ausführung be-
stimmte Entwurf vonNida Rümelin ist zweifel-
los der beste. Er illustriert gewerblich emsiges
Arbeiten und Treiben, wie man es mit der Vor-
stellung „Gewerbeschau" verbindel. Dabei
wahrt er im Aufbau, Maßstab und Farbe durch-
aus die Harmonie mit dem ganzen Raumgeist
der Halle. Rümelins Arbeit ist gerade deshalb
so gut, weil sie mehr architektonisch dekorativ
aufgefaßt ist; vom absoluten Standpunkt der
Malerei als Kunst an sich ist sie dagegen
vielleicht die schwächste unter den fünf Ent-
würfen. In diesem Bezug scheinen mir See-
walds und Unolds Vorschläge die künst-
lerisch stärksten zu sein — sie spiegeln impulsiv
farbiges und persönlich eigenes Erleben wieder
— sind aber wegen ihres legendären Charakters
für den bestimmten Zweck die ungeeignetsten.
Gegenüber den genannten drei Künstlern neh-
men die zwei übrigen Entwürfe von Gold-
schmitt und Schrimpf eine Sonderstellung
ein, die wiederum sehr aufschlußreich fürdentief-
innerlichenDualismus gegenwärtigen Kunst- und
Zeitempfindens wird. Goldschmitts Gemälde
ist formal das „schönste", gibt auch inhaltlich
gute Motive zum Wiederaufbau gewerblichen
Lebens; hat aber andrerseits ein so neutrales,
unzeilgemäßes Gepräge, daß es mich auf den
ersten Blick als historisches Bild — etwa Claude
Lorrain — anmutete. Schrimpf dagegen ist so
modern, daß er in Gesellschaft der anderen und
besonders im Hinblick auf den Zweck der Ge-
werbeschau manieriert wirkt. . hf.rman sörgel.
»bekrönung einer uhr«
DEUTSCHE GEWERBESCHAU MÜNCHEN 1922.
In beschränktemWettbewerb um die malerische
Ausgestaltung der Haupthallenstirnwand sind
fünf Entwürfe eingelaufen. Das Ergebnis ist
insofern belehrend, als sich die Diskrepanz zwi-
schen Zeitgeist und Kunstgeist wieder einmal
besonders klar zeigt. Der zur Ausführung be-
stimmte Entwurf vonNida Rümelin ist zweifel-
los der beste. Er illustriert gewerblich emsiges
Arbeiten und Treiben, wie man es mit der Vor-
stellung „Gewerbeschau" verbindel. Dabei
wahrt er im Aufbau, Maßstab und Farbe durch-
aus die Harmonie mit dem ganzen Raumgeist
der Halle. Rümelins Arbeit ist gerade deshalb
so gut, weil sie mehr architektonisch dekorativ
aufgefaßt ist; vom absoluten Standpunkt der
Malerei als Kunst an sich ist sie dagegen
vielleicht die schwächste unter den fünf Ent-
würfen. In diesem Bezug scheinen mir See-
walds und Unolds Vorschläge die künst-
lerisch stärksten zu sein — sie spiegeln impulsiv
farbiges und persönlich eigenes Erleben wieder
— sind aber wegen ihres legendären Charakters
für den bestimmten Zweck die ungeeignetsten.
Gegenüber den genannten drei Künstlern neh-
men die zwei übrigen Entwürfe von Gold-
schmitt und Schrimpf eine Sonderstellung
ein, die wiederum sehr aufschlußreich fürdentief-
innerlichenDualismus gegenwärtigen Kunst- und
Zeitempfindens wird. Goldschmitts Gemälde
ist formal das „schönste", gibt auch inhaltlich
gute Motive zum Wiederaufbau gewerblichen
Lebens; hat aber andrerseits ein so neutrales,
unzeilgemäßes Gepräge, daß es mich auf den
ersten Blick als historisches Bild — etwa Claude
Lorrain — anmutete. Schrimpf dagegen ist so
modern, daß er in Gesellschaft der anderen und
besonders im Hinblick auf den Zweck der Ge-
werbeschau manieriert wirkt. . hf.rman sörgel.