Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

DOI Artikel:
Pfister, Kurt: Münchener neue Sezession 1921
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0027

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MÜNCHENER NEUE SEZESSION 1921.

VON KURT PFISTER.

ye vorderen Räume vereinigen das wesent-
liehe von dem, was Wilhelm Lehmbruck
an rlaslik, Graphik und Zeichnung hinterlassen

aji Beispiele einer Begabung, die sich nicht
vollenden durfte und dennoch aus dem Bild der
K-Unst dieser Zeit nicht mehr weggedacht werden
«ann. Nur daß sich die Einstellung zu dem Werk
In elwa verschoben hat: die gotisch hochsleigen-

en)]n abstrakter Stilisierung sich erschöpfenden
^orper, die Kniende oder der Gestürzte, die
einmal als stärkste Bekundung galten, scheinen
nun irgendwie manieriert und karg, während die
naturnahen Arbeiten der Pariser Jahre um
v"eles reifer, ausgeglichener und doch gleich-
mshafter wirken.

Die Ausstellung der Gemälde, die der graphi-
schen Schau, von der schon früher die Rede war,
nunmehr folgt, bringt manchen interessanten
Beitrag zur gegenwärtigen künstlerischen Situ-
ation, die von barocken Tendenzen weg zum
klaren und einfachen Bild drängt und sich dabei
wieder auf große Beispiele der Vergangenheit,
Klassizismus und Nazarenertum, berufen zu
müssen glaubt. Die „Umstellung" mußte freilich
nier nicht so unvermittelt wie anderwärts ge-

schehen, da das Gefühl für die Werte der Tra-
dition in München immer sehr lebendig blieb.

Der Kreis der Kräfte, ist immer noch viel-
deutig genug. Neben den traumhaft farbigen
Phantasien Paul Klees die rustikalen, mit breiter
Nachdrücklichkeit gebauten Flächen Walter
Teutschs, die sehr farbigen Landschaften von
Julius Heß, die ruhigen in nachdenklicher Emp-
findung gebildeten Stilleben Max Unolds.
Josef Eberz' bunt glühende Tafeln und die in
gedämpfterem Rhythmus sich breitenden bibli-
schen Bilder Carl Caspars, dessen Oster-
morgen zumal ein schönes Beispiel malerischer
Disziplin und geistiger Durchdringung ist. Die
sensibeln und melancholischen Blumenstücke
undLandschaften Oskar Coesters, die flocki-
gen, flimmernden Impressionen, die Schülein
aus Atmosphäre und Häusern des barocken
Salzburg dichtet, und, ihnen benachbart, Groß-
manns zarte Landschaft. Dunkeltonige, ge-
pflegte Tafeln von Walter Püttner, feine stille
Eingebungen von Hans Gött und die ein wenig
kargen, aber starken und unmittelbaren Land-
schaften Richard Seewalds, dessen Malerei
immer schon irgendwie nazarenisch wirkte.
 
Annotationen