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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

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H. F.: Elfenbein und Intarisa von Vally Wieselthier
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https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0186

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entw: vally wieselthier.

»kassette mit intarsia«

ELFENBEIN UND INTARSIA VON VALLY WIESELTHIER.

In Ascona oder in Schwabing passierte es ein-
mal, daß eine Kunstgewerblerin heiligen Stol-
zes voll ihrer Kollegin ein soeben selbsterzeug-
tes Vorsatzpapier zeigte. Und die Kollegin
bewuoderte diese Schöpfung mit den Worten:
„Du, das ist gewaltig!" Das war in jener Zeit,
da unser Kunstgewerbe noch mit einem Über-
schuß an Leidenschaft und Pathos beladen war,
da Tapeten, Villen, Hundehütten und Kra-
watten durchaus „gewaltig" sein mußten, da
selbst Ausstellungs-Kataloge, die solche Gegen-
stände behandelten, in einem feierlichen, hiera-
tischen Stil auftraten und von Speisezimmern,
Küchen, Badezimmern und Sesseln in pathetisch
getragener Deklamation berichteten. Das hat
sich mittlerweile etwas gesetzt. Wir haben
längst wieder Sinn für das Leichte und Liebens-
würdige bekommen und wissen besser zu schei-
den, wo das Monumentale und wo das Spritzige
und Geistreiche, das Launenhafte und Modische
seinen Ort hat. Eine Fülle reizvoller, von allen
falschen Ehrgeizen befreiter Schönheit hat sich
in den letzten Jahren über das Einflußgebiet
deutscher kunstgewerblicher Produktion ver-
breitet. Und besonders aus Wien kam Reiz

und Anmut in zahllosen entzückenden Form-
ungen leichter und spielerischer Gegenstände.

Erkennbar wirkt sich dieser neue Geist in
den Arbeiten von Vally Wieselthier aus. Hei-
tere, leichte Laune spricht ihr Wort, liebens-
würdige Erfindung und verständiger, guter Ge-
schmack. Die Künstlerin ist aus dem Kreis der
Wiener Werkstätte hervorgegangen und unter
anderm mit graziöser Klein-Keramik erfolgreich
hervorgetreten. Die Abbildungen geben in der
Hauptsache eine Probe ihrer Intarsien. Auf
braunem Grund edler und gut behandelter
Hölzer heben sich die Figuren in sauberer, reiz-
voller Einlegearbeit ab. In den Farben ist kluge
Zurückhaltung; es handelt sich fast nur um
verschiedene Abwandlungen des dem Holz ein-
geborenen Braun. Dadurch bleibt das Ganze
tonig und flächenhaft. Man freut sich an dem
pikanten, modischen Geschmack, der die an-
mutigen, chinoisierenden Figuren erdacht hat.
Leicht e Schmuckgegenstände von elegantem und
doch anspruchslosem Auftreten; Dinge, die an
ihrem Ort eine sehr hübsche Wirkung tun kön-
nen zum Schmuck eines Möbels, einer Wand
und zur Belustigung des Auges....... h. f.
 
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