Münchener Neue Sezession 1921.
julius hess—münchen.
landschaft »rote dacher«
Kleine lebhaft vibrierende buntfarbige Stücke
von Constance Schwedeier und die schön
gebaute, farbig wohl abgestimmte südliche
Stadt der Caspar-Filser.
Von Auswärtigen sind vertreten: der Ham-
burger Ahlers-Hestermann, der kultivierte
Salzburger Faistauer und Max Beckmann,
dessen Kollektion von neuem die bohrende
Eindringlichkeit und unbeirrbare Folgerichtig-
keit seines Weges bezeugt. Überwiegt in den
Figurenbildern bisweilen allzusehr die Geste
des Krampfes und der Zeitsatire, so ist doch
etwa das Bild der Frau Tube oder die Land-
schaft mit dem Ballon die Äußerung eines un-
gewöhnlichen malerischen und künstlerischen
Temperaments.
Neben Edwin S c h a r f f, der eine schöne Reihe
von köstlich belebten Reliefs und eindringlichen
plastischen Arbeiten, darunter ausdruckstarke
Bildnisse von Heinrich Mann und Helene Rit-
scher, zeigt, tritt der begabte Fritz Claus mit
einem klargeformten Kinderporträt.
Wer durch die wohlgeordneten Räume geht,
wird immerhin ein gut Teil von dem, was heute
in Deutschland geschaffen wird, in treffenden
Beispielen vereinigt finden. Das Bewußtsein,
daß die Zeit der lauten Manifeste vergangen ist
und trotz vielfacher seelischer Unsicherheit mit
zäher Ausdauer an der Verwirklichung der Ge-
sichte gearbeitet wird, wird hier, obschon die
Ausstellung (was durchaus für sie spricht)
keinerlei Überraschungen — Sensationen —
bringt, neu bestärkt............... k. p.
A
Jede Kunst ist auch Handwerk und soll sich
des Handwerksgeistes nicht schämen, jenes
Geistes, der die Vollendung der Darstellungs-
mittel will. Die Verflüchtigung dieses Hand-
werksgeistes und das Zurücksinken in bewußte
Barbarei, das wir gerade in der Malerei wahr-
nehmen, bekräftigt nur, was uns auch sonst ein
Überblick über das Gesamtgebiet der Künste
lehrt: daß die Malerei von der Vorherrschaft
zurückgetreten ist. Die Führung in das neue
Land der künftigen Kunst hat die Architektur
übernommen; und so muß es auch sein, wenn
wir erhalten sollen, was die neue Zeit uns
schuldet, einen Stil..........gustavpauli.
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julius hess—münchen.
landschaft »rote dacher«
Kleine lebhaft vibrierende buntfarbige Stücke
von Constance Schwedeier und die schön
gebaute, farbig wohl abgestimmte südliche
Stadt der Caspar-Filser.
Von Auswärtigen sind vertreten: der Ham-
burger Ahlers-Hestermann, der kultivierte
Salzburger Faistauer und Max Beckmann,
dessen Kollektion von neuem die bohrende
Eindringlichkeit und unbeirrbare Folgerichtig-
keit seines Weges bezeugt. Überwiegt in den
Figurenbildern bisweilen allzusehr die Geste
des Krampfes und der Zeitsatire, so ist doch
etwa das Bild der Frau Tube oder die Land-
schaft mit dem Ballon die Äußerung eines un-
gewöhnlichen malerischen und künstlerischen
Temperaments.
Neben Edwin S c h a r f f, der eine schöne Reihe
von köstlich belebten Reliefs und eindringlichen
plastischen Arbeiten, darunter ausdruckstarke
Bildnisse von Heinrich Mann und Helene Rit-
scher, zeigt, tritt der begabte Fritz Claus mit
einem klargeformten Kinderporträt.
Wer durch die wohlgeordneten Räume geht,
wird immerhin ein gut Teil von dem, was heute
in Deutschland geschaffen wird, in treffenden
Beispielen vereinigt finden. Das Bewußtsein,
daß die Zeit der lauten Manifeste vergangen ist
und trotz vielfacher seelischer Unsicherheit mit
zäher Ausdauer an der Verwirklichung der Ge-
sichte gearbeitet wird, wird hier, obschon die
Ausstellung (was durchaus für sie spricht)
keinerlei Überraschungen — Sensationen —
bringt, neu bestärkt............... k. p.
A
Jede Kunst ist auch Handwerk und soll sich
des Handwerksgeistes nicht schämen, jenes
Geistes, der die Vollendung der Darstellungs-
mittel will. Die Verflüchtigung dieses Hand-
werksgeistes und das Zurücksinken in bewußte
Barbarei, das wir gerade in der Malerei wahr-
nehmen, bekräftigt nur, was uns auch sonst ein
Überblick über das Gesamtgebiet der Künste
lehrt: daß die Malerei von der Vorherrschaft
zurückgetreten ist. Die Führung in das neue
Land der künftigen Kunst hat die Architektur
übernommen; und so muß es auch sein, wenn
wir erhalten sollen, was die neue Zeit uns
schuldet, einen Stil..........gustavpauli.
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