Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

DOI article:
Reifenberg, Benno: Die Erweiterung des Städelschen Museums
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0037

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
JOH. H. W. TISCHBEIN.

»GOETHE IN DER CAMPAGNA«

DIE ERWEITERUNG DES STÄDELSCHEN MUSEUMS.

Würdig der großartigen Gesinnung des Stif-
ters, der gerade durch die Verquickung
seiner Sammlung mit einer Kunstschule etwas
Lebendiges zu schaffen suchte, hat das „Städel-
sche Museum" nie versäumt, Kunstwerke der
eigenen Zeit zu sammeln. Dank einer feinfüh-
ligen Leitung, dank den reichen Schenkungen
einer selbstbewußten Bürgerschaft war daher
der Bestand an neueren Gemälden kurz vor
Kriegsausbruch so angewachsen, daß es not-
wendig wurde, zum vierten Mal der Sammlung
einen anderen Rahmen zu geben. Die breit am
Mainufer lagernde Galerie Sommers wurde
verdoppelt, und man führte — wenn man so
will — hinter der Gartenfront einen in der Ge-
samthaltung ähnlichen, in Einzelheiten strenge-
ren, schmuckloseren Bau auf. Den ganzen
stattlichen Neubau bestimmte man für Gemälde
des 19. Jahrhunderts. —

Lag hierin nicht eine Waghalsigkeit? Neben
der süßen Eleganz des Rokoko, neben dumpf

rauschendem Barock, neben dem schweren Gold
der alten niederländischen und deutschen Mei-
ster sollte jüngste Kunst, so ausgebreitet, sich
behaupten können? Freilich wird weitherziger
bei den noch schwimmenden Grenzen dieser
Epoche gewählt, nicht unbedingte Endgültig-
keit beansprucht werden müssen, aber es kann
und soll allgemach gefordert werden: Auch das
19. Jahrhundert ist museal zu sammeln, ist
einzuordnen als neues Glied in die Kette der
bekannten Stile. Der Abstand ist groß genug
geworden vom Vorgrund des Impressionismus,
wir verweilen seit langem mit Liebe beim Mittel-
stück der bürgerlichen Kunst, und so klar er-
scheinen uns die blauen Linien des romantischen
Hintergrundes, daß wir schon beginnen, Sehn-
sucht nach dorthin zu verspüren. Ja es kann
scheinen, daß jetzt erst ein Museum, wo es die
tausend Gesichter einer Kunst widerspiegeln
soll, die nicht für die Kirche, für den König,
kaum für den Bürger entstand, daß ein solches

Not. im.,
 
Annotationen