Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

DOI article:
Kehrer, Hugo: Josef Eberz - München
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0149

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
JOSEF EBERZ.

»SANTA CHIARA«

JOSEF EBERZ-MÜNCHEN.

VON HUGO KEHRER.

Die wahre Kunst erlangt man nicht dadurch,
daß man die Kunst selbst zum Götzen
macht; sie wird vielmehr nur Dienerin sein im
Heiligtum", und: „nur, wenn die Künste, den
klugen Jungfrauen gleich, im Schmuck der De-
mut und der Keuschheit, mit brennenden Lam-
pen des Glaubens und der Andacht dem himm-
lischen Bräutigam entgegengehen, mögen sie
hoffen, daß sich ihnen die Türen des wahren
und dauernden Ruhmes öffnen, von denen die
Unreinen und die nur der Augenlust fröhnen,
ausgeschlossen bleiben". Es gibt Schöpfungen
von Josef Eberz, die den Sinn dieser pracht-
vollen Worte Friedrich Overbecks verständlich
machen. Josef Eberz ist einer der religiösen
Maler unserer Zeit; ich denke an „Die Exstase",
„Das Herz-Jesubild" von 1913 in derKonvikts-
kirche in Ehingen, an die „Heidelberger Kreu-
zigung", „Die klagende Maria", „Die Kreuz-
abnahme" von 1916, „Das Wunder" von 1920,
und selbst in dem profanen Bilde mit dem irre-
führenden Titel „Mädchen, von der Natur um-
schmeichelt" vernimmt man zarte, mystische
Klänge. Gewiß, es bestehen Gegensätze er-

heblicher Art zwischen dem katholisch-gebun-
denen Overbeck und dem katholisch-freien
Eberz, aber beide Meister treffen sich doch in
ihrer Meinung über die Kunst des 15. Jahrhun-
derts, daß diese „im Heiligtum selbst geboren,
mit der reinen Milch ihrer Mutter, der Kirche,
genährt und herangewachsen sei an den Stufen
der Altäre". Denn Empfindung, letzten Endes
religiöse Empfindung durchglüht auch die Kunst
von Josef Eberz. Die Primitiven liebt er mit
ganzer Seele, er liebt die Gotik; ein der Gotik
verwandter Geist spricht in seiner „Kreuz-
abnahme" von 1916, wo alles Materielle, Erd-
geborene, Erdgebundene durch Schauen und
Erleben überwunden ist.

Wie alle Expressionisten predigt auch er von
dem Evangelium der Farbe. Sie ist ihm die
Trägerin alles geistigen und seelischen Ge-
schehens, Höchstempfindung ist sie ihm. Über
aller Moderne schwebt der Geist Grecos, be-
wußt oder unbewußt ist er ihr nahe und all-
gegenwärtig. Bei dem größten Sohne Toledos
hat ja die Farbe im Gefühl ihren Ursprung ge-
habt, bei ihm stand sie im Dienste des reinsten,

Dezember. 1921. 1
 
Annotationen