Die Beschreibung des Kunstwerks.
was die anfängliche, das ist die Hauptwirkung
hervorruft; die späteren Sätze sollen dann
immer weiter ins Nebensächliche hinabgleiten.
„Naturmenschen und Kinder, die noch fähig
sind, eine anschauliche Folge unverändert in
eine Satzfolge zu übernehmen, beginnen mit
demjenigen Bestandteil, ohne den das übrige
bildhaft nicht mehr vorzustellen wäre." Der
Primitive berichtet „Häuptling gesehen"; das
Kind erzählt „Fallen tul bein annahans" (Hans
ist aufs Bein von Annas Stuhl gefallen). Sie
rücken unwillkürlich das für die Anschauung
unentbehrliche und eindrucksvollste Moment
an den Anfang. Nun erscheint aber verschiedenen
verschiedenes an einem Bilde unentbehrlich und
eindrucksvoll. Der gebildete und empfindsame
Kunstschriftsteller muß also das eigentlich
Wesentliche herausfinden und besonders be-
tonen. Indem er so auf den Schwerpunkt des
Bildes verweist, auf das, worauf es letzthin
ankommt, gibt er zugleich mit der Beschreibung
einen Führer zum Verständnis des Werkes.
Aber häufig wird er sich mit der positiven
Kennzeichnung nicht begnügen, sondern auf
Fehlendes und weniger Auffälliges aufmerksam
machen, nicht um mit billiger Kritik einzuhaken,
sondern um den Stil eines Werkes zu klären.
Zwei einfache Beispiele sollen den Sachverhalt
beleuchten. Wölfflin sagt u. a. über Raffaels
Sixtinische Madonna: „Zwei Engelkinder am
untern Rand geben dem Wunderbaren die Folie
der gewöhnlichen Natur. Hat man bemerkt,
daß der größere nur einen Flügel hat? Raffael
scheute die Überschneidung, er wollte nicht zu
massig da unten schließen. Die Licenz geht mit
andern des klassischen Stils zusammen."
Nicht ein Fehler soll also angekreidet werden,
sondern diese leicht kontrollierbare Einzelheit
erschließt blitzartigen Einblick in das Gestal-
tungsproblem. Oder: der gleiche Kunstforscher
bemerkt zu Dürers Hieronymus im Gehäuse,
daß man glauben möchte, der Meister habe nur
an den guten Geist eines häuslichen gepflegten
Raumes gedacht? Und schließlich fragt er:
„Sind wir fertig mit der Analyse? Aber wir
haben noch gar nicht von dem Heiligen selbst
was die anfängliche, das ist die Hauptwirkung
hervorruft; die späteren Sätze sollen dann
immer weiter ins Nebensächliche hinabgleiten.
„Naturmenschen und Kinder, die noch fähig
sind, eine anschauliche Folge unverändert in
eine Satzfolge zu übernehmen, beginnen mit
demjenigen Bestandteil, ohne den das übrige
bildhaft nicht mehr vorzustellen wäre." Der
Primitive berichtet „Häuptling gesehen"; das
Kind erzählt „Fallen tul bein annahans" (Hans
ist aufs Bein von Annas Stuhl gefallen). Sie
rücken unwillkürlich das für die Anschauung
unentbehrliche und eindrucksvollste Moment
an den Anfang. Nun erscheint aber verschiedenen
verschiedenes an einem Bilde unentbehrlich und
eindrucksvoll. Der gebildete und empfindsame
Kunstschriftsteller muß also das eigentlich
Wesentliche herausfinden und besonders be-
tonen. Indem er so auf den Schwerpunkt des
Bildes verweist, auf das, worauf es letzthin
ankommt, gibt er zugleich mit der Beschreibung
einen Führer zum Verständnis des Werkes.
Aber häufig wird er sich mit der positiven
Kennzeichnung nicht begnügen, sondern auf
Fehlendes und weniger Auffälliges aufmerksam
machen, nicht um mit billiger Kritik einzuhaken,
sondern um den Stil eines Werkes zu klären.
Zwei einfache Beispiele sollen den Sachverhalt
beleuchten. Wölfflin sagt u. a. über Raffaels
Sixtinische Madonna: „Zwei Engelkinder am
untern Rand geben dem Wunderbaren die Folie
der gewöhnlichen Natur. Hat man bemerkt,
daß der größere nur einen Flügel hat? Raffael
scheute die Überschneidung, er wollte nicht zu
massig da unten schließen. Die Licenz geht mit
andern des klassischen Stils zusammen."
Nicht ein Fehler soll also angekreidet werden,
sondern diese leicht kontrollierbare Einzelheit
erschließt blitzartigen Einblick in das Gestal-
tungsproblem. Oder: der gleiche Kunstforscher
bemerkt zu Dürers Hieronymus im Gehäuse,
daß man glauben möchte, der Meister habe nur
an den guten Geist eines häuslichen gepflegten
Raumes gedacht? Und schließlich fragt er:
„Sind wir fertig mit der Analyse? Aber wir
haben noch gar nicht von dem Heiligen selbst