Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

DOI Artikel:
Müller-Wulckow, Walter: Der Maler Richard Seewald
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0214

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Der Maler Richard Scewald.

RICHARD SEEWALD MÜNCHEN.

»ARNOTAL« 1920. PRIVAIBES. COLMAR.

wicklung fallengelassene Masche wieder auf-
zunehmen und jene gute tonige Malerei der
voraufgegangenen Zeit mit einem nicht wesent-
lich gedämpften Ausdruckswollen zu verbin-
den, ein Bemühen, das mit dem raschen Mode-
wechsel und mit starken Ausstellungseffekten
nichts gemein hat. Deshalb war auch Seewald
auf den Ausstellungen, etwa der Münchner
Neuen Secession, die so heterogene Elemente
vereinigle, keiner der Lauten, sich Aufdrän-
genden, man begegnete ihm jedoch von An-
beginn mit Hochachtung.

Die ruhige Sicheiheit des in sich gefestigten
Kleinstädters, in dessen Lebensführung eine
sonnige Kindheit nachwirkt, ist heute von be-
sonderem Wert. Dennoch wird Seewald post-
hum erst wie seine beiden Landsverwandten
C. D. Friedrich und Ph. 0. Runge vollgültig an-
erkannt werden. Er ist nicht revolutionär genug,
um schroff bekämpft oder völlig verkannt zu
werden, und zu insichgekehrt, um das Maß an
Liebe zurückzuempfangen, das er den Dingen
hingegeben hat.

Schlicht sind auch die Reize, deren Resonanz
in der Harmonie seiner Bilder nachklingt, der

Kubus eines Hauses am Abhang, flache Sattel-
dächer Tessiner Bergdörfer über dem Spiegel
des Lago Maggiore, das Verwurzelte der Vege-
tation, ihr Lichtverlangen in den Sonnenblumen
und die Formkraft der Agaven. Mit erregterer
Leidenschaft sieht Seewald die Tiere und hat
aus solchem Erleben Bilder geschaffen, die zum
Eindringlichsten gehören, was in der Nachkriegs-
zeit entstanden war. Aber schon klingt auch
dieses Thema zum Pastorale ab und dieses ver-
kündet den Optimismus einer in sich beruhig-
teren Zukunft. Vielleicht war es ein Irrtum —
der einzige, der den Künstler mit einer Unzu-
länglichkeit seiner Zeit verband, —■ als Seewald
seine Inbrunst vor den Tieren zu monumentali-
sieren suchte, ohne durch gegebene Bindungen
des unentbehrlichen Rückhalts sicher zu sein.
Daß ein monumentaler Stil in nichts vorbereitet
war, hatte auch dem größeren Wollen Runges
wie Friedrichs Grenzen gesetzt. Aber aus dem
Technischen erwächst unserer Zeit in gewissem
Sinne wenigstens etwas von den Vorausset-
zungen, die erst in zeiteinheitlichen Kulturbe-
dingungen gipfeln könnten. Daher schreitet sein
Stilsuchen an den Glasfenstern, die in verstand-
 
Annotationen