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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

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Weiss, Konrad: Maria Caspar-Filser
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https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0267

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MARIA CASPAR-FILSER.

Die sättigende Naturnähe, die sich aus den
Schöpfungen von Frau Maria Caspar-
Filser mitteilt, ist in dieser ungehemmten und
starken Freiheit heute vielleicht einzigartig.
Das unmittelbare Verhältnis ihrer Bilder zum
Seienden und Wesenden, mit nichts als mit der
Köstlichkeit der Farben gestaltet und darin ein
rein malerisch poetisches Element findend,
scheint zeitlos; es scheint jedenfalls aus dem
Zusammenhang der neuen künstlerischen Prin-
zipien und Richtungen herausgehoben. Man
kann sich also ohne weiteres denken, daß jeder
ursprünglich Empfindende, auch wenn er dem
eigentlichen Sinn der neuen Malerei und ihrer
farbigen Ausdruckskraft für das Dingliche fern-
steht, vor diesen Landschaften, Stilleben und
blütereichen Blumenstücken einfach die künst-
lerische Originalität spürt und die Schöpfungen
absolut gelten läßt, ohne einen bestimmten Platz
der Künstlerin in der Gegenwart zu suchen.

Wir machen jedoch einen Kunstcharakter
nicht geringer, indem wir seine Art in der Zeit
und ihr gegenüber fixieren...........

Der Expressionismus lief darauf hinaus, eine
neue Welt des Objekts, gesünder und realisti-
scher, eine neue Dinglichkeit zu finden. Der
Weg dahin ergab die Möglichkeit eines bis tief
in die geistigen und sozialen Wurzeln unseres
heutigenDaseins reichenden Gegensatzes, einer-
seits eine im Allgemeingeiste gedachte typische
Gestaltung des Objekts, des Dings an sich und
seiner metrischen Beziehung, kurz den neuen
Klassizismus; auf der anderen Seite den ewig
neuen Weg zu Saft und Duft der Erde, die volle
Natur, die Dinge in der farbigen Begegnung
ihres stets neuen Werdens durch den Menschen,
die freie künstlerische Persönlichkeit. Es ist
die Frage, ob der Künstler im Gesetz oder in
der Freiheit schafft.

Maria Caspar-Filser steht ganz auf der Seite
der Freiheit und reinen Künstlerschaft. Aber
dies ist kein Schaffen im Gesetzlosen. Nur das
ist der Unterschied, daß das Bild den Bau seines
Lebens, seine Organik nicht durch expressio-
nistische Tendenz, sondern in der Zwiesprache
des Subjekts mit dem Objekt, nicht durch ein

XXV. Februar 1922. 1
 
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