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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

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Die Herbst-Ausstellung der Darmstädter Sezession
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https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0289

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C. T. PILART7.-
D ARM STADT.
»JÜNGLING«
KERAMIK.

DIE HERBST-AUSSTELLUNG DER DARMSTÄDTER SEZESSION.

Im großen Ganzen bewies die Ausstellung —
wie alle wesentlichen Ausstellungen des
Jahres 1921 — eine gesunde Heimkehr vom
Schlagwort und eine deutliche Wegwendung
von allem, was Programm heißt, und dies zwei-
fellos zu Gunsten der Qualität. 1920 hatten
die Maler und Bildhauer gezeigt, was und wo-
hin sie wollten, 1921 zeigten sie günstiger, wer
und wo sie sind. Die Situation ist geklärt, die
Fahrwasser sind ruhiger, und wo im Vorjahr
eine Lärmstatt der „expressionistischen" Zeit-
kunstwoge war, glaubte diesmal der Kundige
an ein Gasthaus zur künstlerischen Einkehr,
eine Stätte ehrlichen handwerklichen Ernstes
und stillen Atelierfleißes, ja sogar manchmal
an einen Weiheraum, an dessen Eintrittspforten
jeder freiwillig den Sold an die Besonnenheit
gezahlt hatte. Vor allem anderen wurde die
prächtige Malerei Thesings, die absichtslos und
unbetont Herz und Kern der Ausstellung war,
zum Erlebnis. Paul Thesing ist Klasse, jede
seiner Arbeiten erweist eine beherrschte, herr-
lich gebändigte, malerische Leidenschaft, eine

überaus gediegene, niemals selbstgefällige Tech-
nik, und die Abgeklärtheit, Rundheit und Reife
des stillen, heimlichen Meistertums. Dieser
Maler bindet die ungebrochene Kraft einer ele-
mentaren Sehlust mit den feinsten Zartheiten
der Peintüre, er hat ebensoviel Wucht als
Zucht, und seinem spürbaren Wissen vom Werk
ist in gleichem Maße die Wage gehalten durch
einen Zustrom von Kräften aus dem ewig ge-
heimen Quell aller Kunst. Er gibt den Gegen-
ständen die Umluft des Kreatürlichen auf der
übergeordneten Ebne, gleichgültig ob er Blumen
malt, vor denen man nicht weiß, ob sie traum-
haft wirklich oder wirklich geträumt sind, süd-
liche Landschaften mit allen Heiterkeiten des
Himmels und der Hitze des Sands um die blaue
Bucht, oder dieses: das Porträt des spanischen
Landjunkers Don Mateo Bosch y Vallent mit
einer Statik, die so sicher ist wie das Gefüge
der Welt. Aber nicht darin, daß seine Bilder
vor einem schwer erlurnbaren Standpunkt
objektiver Kritik einwandfrei und mit jeder
Gültigkeit bestehen, nein in dieser eigentlichen
 
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