Kraftquellen.
tommi parzinger—münchen. ein ankauf mark 500.
wir zwar weit entfernt; weit entfernt aber auch
von wirklicher Kraft und Festigkeit unseres
Menschengefühls. Wir erliegen nicht dem her-
rischen Zusammenhang eherner Gesetzmäßig-
keit. Wir erliegen einem kleinen Begriff von
der Natur, wir erliegen kleinen Feigheiten in
uns selbst. Der umfassende Sinn für die Lage
des Menschen im Weltall ist uns schwer getrübt,
fast abhanden gekommen. Wir stehen als Pyg-
mäen vor kleinen Widerständen, weder groß
in der Naturfrömmigkeit noch groß in mensch-
licher Selbstbehauptung. Darüber droht un-
sere Kultur zu verdorren, unsere Kunst zu
zerfasern. Was uns an Gebilden in Kunst und
Geist umgibt, ist von gefährlicher Dünne. Und
woher die Rettung?
Erstarken in uns selbst, unsere Seelenkräfte
zusammenziehen um den warmen Mittelpunkt,
uns verdichten. Denn auf uns allein, auf unsere
Einsicht und unser Wollen kommt es an. Die
ewigen Kraftquellen strömen wie am ersten
Tag. Die Sterne, aus denen Gesetz und Gewalt
über Mesopotamien troff, leuchten auch über uns.
Es gibt einen Entschluß zur Weisheit wie zur
Stärke. Wir werden ihn fassenmüssen, um wahre
Gestalten zu werden. Wir werden ihn fassen
können, sobald die kritische Situation, die ich zu
umreißen unternahm, klar vor allen Augen steht.
In der Kunst laufen sich eben Begeisterungen
tot, die ein Jahrzehnt lang die Geister erregt,
das Schaffen beeinflußt haben. Auf die Be-
geisterung folgt Depression: die Natur ist tot,
der Mensch zerfasert, alle Gestalt zerfetzt und
zersetzt. Es ist etwas Wahres daran. Aber
eine Selbsttäuschung liegt darin, zu glauben,
daß wir diesen Zustand hinnehmen müssen
ohne Gegenwehr. Die Natur ist nur tot für
tote Augen und Herzen. Sie erwacht jederzeit
wieder zum Leben, wenn wir mit lebendigem
Herzen vor sie treten. Erklingt in unserm In-
nern das ordnende amphionische Lied, so regt
sichs auf der expressionistischen Walstatt, die
zerrissenen Glieder fügen sich eins zum andern,
die Gestalt wird wahr und leibhaft. Allen
unsern jungen Künstlern möchte ich zurufen:
Euch ist anvertraut, die Welt zu zerschlagen
oder zu erbauen. Ihr seht sie in Trümmern vor
euch liegen. Nun gut, steigt in die Tiefen eurer
Brust, seht zu, was ihr dort tief unter dem Be-
zirk des bloßen Wollens, des bloßen Auch-
Könnens an göttlichem Schaffenmüssen vorfin-
det. Lernt den Funken Weltschöpferkraft in
euch bloßlegen und geht im übrigen als einfache,
sorgsame Arbeiter an die Natur heran. So schafft
ihr das Werk. So baut ihr die Welt. ... h. r.
tommi parzinger- münchen. ein ankauf mark 300.
iiuiiiun
tommi parzinger—münchen. ein ankauf mark 500.
wir zwar weit entfernt; weit entfernt aber auch
von wirklicher Kraft und Festigkeit unseres
Menschengefühls. Wir erliegen nicht dem her-
rischen Zusammenhang eherner Gesetzmäßig-
keit. Wir erliegen einem kleinen Begriff von
der Natur, wir erliegen kleinen Feigheiten in
uns selbst. Der umfassende Sinn für die Lage
des Menschen im Weltall ist uns schwer getrübt,
fast abhanden gekommen. Wir stehen als Pyg-
mäen vor kleinen Widerständen, weder groß
in der Naturfrömmigkeit noch groß in mensch-
licher Selbstbehauptung. Darüber droht un-
sere Kultur zu verdorren, unsere Kunst zu
zerfasern. Was uns an Gebilden in Kunst und
Geist umgibt, ist von gefährlicher Dünne. Und
woher die Rettung?
Erstarken in uns selbst, unsere Seelenkräfte
zusammenziehen um den warmen Mittelpunkt,
uns verdichten. Denn auf uns allein, auf unsere
Einsicht und unser Wollen kommt es an. Die
ewigen Kraftquellen strömen wie am ersten
Tag. Die Sterne, aus denen Gesetz und Gewalt
über Mesopotamien troff, leuchten auch über uns.
Es gibt einen Entschluß zur Weisheit wie zur
Stärke. Wir werden ihn fassenmüssen, um wahre
Gestalten zu werden. Wir werden ihn fassen
können, sobald die kritische Situation, die ich zu
umreißen unternahm, klar vor allen Augen steht.
In der Kunst laufen sich eben Begeisterungen
tot, die ein Jahrzehnt lang die Geister erregt,
das Schaffen beeinflußt haben. Auf die Be-
geisterung folgt Depression: die Natur ist tot,
der Mensch zerfasert, alle Gestalt zerfetzt und
zersetzt. Es ist etwas Wahres daran. Aber
eine Selbsttäuschung liegt darin, zu glauben,
daß wir diesen Zustand hinnehmen müssen
ohne Gegenwehr. Die Natur ist nur tot für
tote Augen und Herzen. Sie erwacht jederzeit
wieder zum Leben, wenn wir mit lebendigem
Herzen vor sie treten. Erklingt in unserm In-
nern das ordnende amphionische Lied, so regt
sichs auf der expressionistischen Walstatt, die
zerrissenen Glieder fügen sich eins zum andern,
die Gestalt wird wahr und leibhaft. Allen
unsern jungen Künstlern möchte ich zurufen:
Euch ist anvertraut, die Welt zu zerschlagen
oder zu erbauen. Ihr seht sie in Trümmern vor
euch liegen. Nun gut, steigt in die Tiefen eurer
Brust, seht zu, was ihr dort tief unter dem Be-
zirk des bloßen Wollens, des bloßen Auch-
Könnens an göttlichem Schaffenmüssen vorfin-
det. Lernt den Funken Weltschöpferkraft in
euch bloßlegen und geht im übrigen als einfache,
sorgsame Arbeiter an die Natur heran. So schafft
ihr das Werk. So baut ihr die Welt. ... h. r.
tommi parzinger- münchen. ein ankauf mark 300.
iiuiiiun