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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 49.1921-1922

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Popp, Joseph: Die Deutschen Werkstätten in München
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https://doi.org/10.11588/diglit.9142#0361

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PROFESSOR R. RIEMERSCHMID.

»IN DER VERKAUFSSTELLE«

DIE DEUTSCHEN WERKSTÄTTEN IN MÜNCHEN.

Die jüngsten Leistungen der „Deutschen
Werkstätten" sind weit über den Einzel-
fall hinaus bedeutsam; sie verlangen deshalb
ein paar grundsätzliche Bemerkungen.

Die neue deutsche Werkkunst ist hier an
einem wichtigen Wendepunkt angekommen:
die Errungenschaften der Graphik, Malerei und
Bildnerei wirken auf die angewandten Künste
und treiben diese ein gut Stück vorwärts. Nicht
im Sinne der freien Künste, sondern in ihrer
eigenen Art. Durch diese organische Entwick-
lung bieten die frischen und vielseitigen Ansätze
des Neuen die Gewähr eines gedeihlichenWachs-
tumes und köstlicher Früchte. Es war ein
Zeichen verderblicher Entwurzelung, daß der
Jugendstil mit Hilfe frei erfundener Formen und
einer naturalistischen Ornamentik ein neues
Kunstgewerbe schaffen wollte. Demgegenüber
bedeutete es ein Wiedergewinnen des natür-

lichen Nährbodens, als man zur Zweckform und
ihrer materialgerechten Ausgestaltung zurück-
kehrte. Im weiterenVerlauf mußte dieGebrauchs-
form „geschmacklich" befriedigen, Material und
Herstellungs weise wurden im gleichen Sinne ge-
pflegt. Das Ergebnis war die „Qualität", d.h.eine
praktische, gediegene und geschmacklich befrie-
digende Ware; als künstlerische Qualität
hielt sich auch das Beste in bescheidenen Gren-
zen. Es war nicht zufällig, sondern höchst be-
zeichnend, daß nicht weniges derart auch von
einem gehobenen industriellen Betrieb herge-
stellt werden konnte.

Zum Unterschied von solchen Qualitätsleis-
tungen wollten die einen Künstler das wertvolle
Einzelstück bis zur höchsten Einfachheit treiben
und in erlesener Handarbeit durchgeistigen, die
anderen glaubten durch ausgiebigen Schmuck,
für den aber die Motive fehlten, die künstlerische

XXV. März 1922. 4
 
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