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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 50.1922

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Lange, Georg: Hermann Geibel
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https://doi.org/10.11588/diglit.9143#0040

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Hermann Geibcl.

30

H. GEIBEL-
MÖNCHKN.
»MÄDCHEN-
TORSO«

lieh Rodin sich (impressionistisch) festzusaugen
strebt an der gegebenen Natur, sucht Geibel
(expressionistisch) seine Seele restlos plastisch
zu verwirklichen in einer neuen Natur. Eine
expressionistische Epoche aber führt, wenn sie
sich erfüllen soll, zu männlicher Tat. — So
erlebt Geibel auf dritter Stufe den Mann. Dies
Erlebnis ist nicht einmalig, plötzlich, sondern
lang ausreifend, immer tiefer umgestaltend. In
Zeichnungen zunächst und in einer Porträtbüste
formt er einen Dramatiker nach, aus dessen
Werk er gleichzeitig starke Eindrücke eines
männlichen Geistes empfängt. Rein aus männ-
lichem Weltgefühl ist zuerst die Radierung eines
Edward — nach der bekannten schottischen

Ballade — der visionär wie eine echte Ballade
aus dem Raum heraustritt in voller Körperlich-
keit mit seinem rücksichtslosen: „Hier bin ich" !
— damit ist im Plastischen noch nicht der
männliche Gipfel erreicht. Sondern hier ringt
der Künstler noch um die Geheimnisse des
männlichen Körpers. Geibel strebt über den
aphoristisch-geschlossenen Torso hinaus. Ge-
bärden werden ihm rege. Die Jünglings-Halb-
figur legt schon träumerisch die rechte Hand
(mit fast nervösen Fingern) über den linken
Unterarm, und diese Bewegung wiederum zwingt
den Künstler zur vollen Ausgestaltung des Kör-
pers. So steht der nackte Jüngling vor uns
in seltener Biegsamkeit und Schlankheit, ein
 
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