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Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten — 50.1922

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Eberlein, Kurt Karl: Grossh. Majolika-Manufaktur Karlsruhe
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https://doi.org/10.11588/diglit.9143#0356

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PROFESSOR MAX LAUGER

»BEMALTE ORIGINAL-FLIESE«

GROSSH. MAJOLIKA-MANUFAKTUR KARLSRUHE.

Aus der Fülle des Guten, Lebendigen, Neuen,
. das die Münchener Gewerbeschau auch
im Bereiche der Keramik den Einsichtigen bietet,
seien einige neue Arbeiten der Großherzoglichen
Majolika-Manufaktur Karlsruhe herausgehoben.
Vielleicht, daß sich an ihnen der Geist unserer
Zeit und Kunst ebensogut erkennen läßt, wie
an jedem anderen Kunstwerk der Gegenwart.
Denn alle Kunslformen einer Epoche gehorchen
dem selben Gesetz, sofern das Antiquarische
nicht stärker ist als das Eigene, das Gewollte
nicht mehr gilt als das Gemußte. Späteren
Zeiten mag sich das alles deutlicher zusammen-
schließen, uns aber sind diese noch verein-
zelten Gebilde Bekenntnisse und Zeugen einer
neuen ernsthaften Gesinnung.

Wir haben hier schon einmal angedeutet, wie
sich das keramische Bild des Fliesenwerkes,
der Kachel, der Vase, immer entschiedener zum
Zeichen gestalten mußte, wie Relief und Pin-
selschrift immer klarer eigene Bedeutung
und neues Eigenleben gewinnen konnten.
Zweckform und Schauform habe eine neue Aus-
druckskraft und Ehrlichkeit gewährleistet, die
auch in Material und Technik dem Wesent-

lichen verpflichtet ist. Die Schmuckfreude
solcher Geräte oder Vasen bringt die künst-
lerische Handschrift zu neuem Recht, und man
empfindet das Einmalige ihrer Malerei in jedem
Strich. Schrimpf's Schreibzeug, vor allem
aber Becker's Vasen sind dafür gute Bei-
spiele. Die rhythmische Gliederung der Fläche
ist farbig und linear wie im Spiel gelöst. Sind
diese Gebilde für Tisch, Bord oder Nische ge-
dacht, so sind die gerahmten Kacheln von
Läuger's Meisterhand für die Wand bestimmt.
Wie köstliche Emails stellen diese farbschönen
Schmuckfliesen eine eigenartige Verbindung
von Relief und Malerei dar, die uns alte
Träume wachzurufen scheint. Die Probleme des
keramischen Hausaltärchens gilt es immer wie-
der zu lösen. Und doch ist es eine Gefahr un-
serer Zeit, daß die ästhetische und die reli-
giöse Sphäre nur zu leicht ineinandergleiten,
was sich ebenfalls auf der Münchener Gewerbe-
schau beweisen ließe. Das Brot des Lebens
ist nicht für das Schaufenster bestimmt und es
bedarf anderer Augen und anderer Gefühle.
Dies sei nebenbei den Religionsästheten des
Kunstgewerbes leise aber doch vernehmlich

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