Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Ness, Wolfgang
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 2): Stadt Hannover — Braunschweig, 1985

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.44415#0107

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
zwischen Hauptflügeln, Ladenteil und Nach-
barbauten erzeugen das besondere Span-
nungsverhältnis dieser Eckgestaltung.
Ziegelstraße/Helenenstraße
Nachdem die Ziegelstraße im Einmündungs-
bereich zum Fiedelerplatz bereits um die Jahr-
hundertwende bebaut war (vgl. auch Be-
schreibung Querstraße), wird der südlichere
Abschnitt zwischen Helenenstraße und Bor-
gentrickstraße erst zwischen 1909 und 1911
aufgesiedelt. Dieser Straßenabschnitt zeigt
heute in relativ unveränderter Form auf beiden
Straßenseiten zeittypische Wohnbebauung,
bei der Häuser mit identischen und ähnlichen
Grundrissen durch individuelle Fassadende-
tails abwechslungsreich gestaltet sind. Mit
Ausnahme der Eckgebäude sind alle Häuser
Zweispänner. Die einfachen Grundrisse ent-
sprechen den frühen Bauten der Hildesheimer
Straße (siehe dort). Die Grobstruktur der drei-
geschossigen Bauten ist durch seitliche
Zwerchhäuser, einseitige Ausluchten und Ri-
salite sowie die bis auf wenige Ausnahmen
noch vorhandenen Vorgärten bestimmt.
Durch Materialwahl und Dekor wird der indivi-
duelle Charakter der einzelnen Gebäude ver-
deutlicht. So stellt Nr. 5 innerhalb der übrigen
Putzbauten als Ziegelbau mit geometrischem
Putzdekor eine Besonderheit dar. Nr. 3, Nr. 8
und der Eckbau Helenenstraße 37 werden je-
weils durch besonderen Dekor im Bereich der
Fenster betont. Bei den vier Eckbauten sei auf
die unterschiedliche Ausbildung der Ecken
hingewiesen: Helenenstraße 14 und Ziegel-
straße 3 mit Türmchen, Borgentrickstraße 14
mit abgeschrägter Ecke und Zwerchhaus, Zie-
gelstraße 9 mit eingezogener Ecke und Bai-
konen.
Dieser Gebäudegruppe unmittelbar benach-
bart entsteht zeitgleich (1910) eine kleine
Gruppe von Mietwohnhäusern an der Hele-
nenstraße 4, 5, 6, die im Grundriß den Gebäu-
den der Ziegelstraße entsprechen (Zweispän-
ner, drei Zimmer und Küche, Toilette im rück-
wärtigen Treppenhaus). Entgegen der Ziegel-
straße steht hier nicht die individuelle, sondern
die einheitliche Gestaltung im Vordergrund.
Alle Häuser sind symmetrische, dreigeschos-
sige Putzbauten, deren Mitte durch Ausluch-
ten mit angelagerten Baikonen und große
Zwerchhäuser betont ist. Während Nr. 5 noch
ornamentalen und geometrischen Dekor des
späten Jugendstils aufweist, besitzen die bei-
den Außenbauten Nr. 4 und Nr. 6 bereits
strengere Formen, die zum Neoklassizismus
tendieren. Die identische Gestaltung läßt ver-
muten, daß die Gebäude in spekulativer Form
von einem Unternehmer erstellt wurden, der
sie anschließend wieder veräußerte.
Querstraße/Ziegelstraße
Bereits unmittelbar nach Inkrafttreten des Be-
bauungsplanes für das Landwehrfeld begann
1898/99 die Aufsiedlung der Querstraße als
erste Straße im gesamten Gebiet. Die frühe-
sten Bauten entstanden im Einmündungsbe-
reich zur Hildesheimer Straße (Nr. 1,2,3,4, 5,
6, 7). Bis zum Jahre 1901 war die Südseite bis
zum Fiedelerplatz mit Ausnahme der Nr. 19
(1905) bereits vollständig bebaut, bis etwa
1905 ebenfalls die Nordseite. Ähnlich wie in

der Hildesheimer Straße besitzen die Bauten
der Jahrhundertwende reine Ziegelfassaden
oder Fassaden aus einer Mischung von Ver-
blendziegeln und renaissancistischem Putz-
dekor. Nr. 14 von 1902, Nr. 14a von 1905 und
Ziegelstraße 13 von 1904 setzen den Ziegel
oder Putzdetails bereits in verspielteren For-
men ein, wobei gotisierende Elemente mit Ju-
gendstildekor vermischt wird.
Alle Bauten in diesem Straßenabschnitt sind
mit Ausnahme der 1899/1900 von Kreisbauin-
spektor Niemann errichteten ehemaligen ka-
tholischen Schule (Nr. 12) dreigeschossig und
besitzen ausgebaute Satteldächer, zum Teil
mit Drempel. Die Fassaden sind flach gehal-
ten und nur durch Gesimse, Sohlbänke oder
Lisenen mit einem Relief versehen. Eine Aus-
nahme bildet lediglich die Nr. 8 mit einer au-
ßermittigen Auslucht. Während die Bauten der
Südseite unmittelbar an der Straßenfluchtlinie
gelegen sind, werden die der Nordseite durch
Vorgärten von der Straße getrennt. Die Woh-
nungsgrundrisse entsprechen ebenso wie die
Fassaden denen der Bauten an der Hildeshei-
mer Straße.
Die durchgängig unverändert erhaltene Bau-
substanz vermittelt einen ungestörten Ge¬

samteindruck vom ursprünglichen Charakter
einer Wohnstraße der Jahrhundertwende, die
durch Gebäude für niedrige Einkommens-
schichten geprägt ist. Die Bauten sind bis auf
die erwähnten späteren Objekte sehr schlicht
gestaltet und variieren lediglich die zeittypi-
schen Dekorationsformen. Hervorzuheben
seien aus städtebaulichen Gesichtspunkten
die Eckbauten zur Hildesheimer Straße und
zum Fiedelerplatz, die durch ähnlichen forma-
len Aufbau mit abgeschrägter Ecke und je-
weils einem kleineren Ladengeschäft im Erd-
geschoß eine besondere Stellung innerhalb
der Straße einnehmen.
Bernwardstraße
In starkem Gegensatz zur gleichförmig be-
bauten Querstraße steht die nördlich parallel
gelegene Bernwardstraße, die im Abschnitt
zwischen Hildesheimer Straße und Fiedeler-
platz zwischen 1901 und 1906 aufgesiedelt
wurde. Der anspruchsvollere Charakter die-
ser Wohnstraße wird durch beidseitige Vor-
gärten und Baumreihen am Fahrbahnrand
verstärkt. Besonders ausgeprägt ist an der
Bebauung die individuelle Gestaltung jedes



Querstraße 8-2, Wohnhäuser, um 1900

Querstraße 12, ehern, kath. Schule, 1899/1900,
Architekt Niemann


Querstraße 1-19, Wohnhäuser, 1899-1901

105
 
Annotationen