„Wegecommission“ derartige Projekte. Als
Planungsgrundlage diente seit 1845 der „Plan
der Vorstädte von Hannover“. Um den „Wild-
wuchs“ zu steuern, erließ die Kommission
1848 eine Bauordnung für Linden, die u.a.
Baulinien betraf. Diese Bestimmungen erwei-
terte das auf dem preußischen Fluchtlinienge-
setz fußende „Orts-Wege-Statut für den Ge-
meindebezirk Linden“ von 1877; es regelte
außerdem den Verfahrensgang, für den sich
seit etwa 1860 keine Behörde recht zuständig
erkannt hatte. Während dieser Periode unter-
blieb übergreifende Straßenplanung bzw.
konnte nicht durchgesetzt werden (repräsen-
tative Planung im Nedderfeld zwischen Lim-
mer-, Fössestraße und Kötnerholzweg durch
Laves, s.u.), da dem Dorf der kompetente Ap-
parat fehlte. Die Grundstückseigner ließen
von Landvermessern nüchterne Parzellie-
rungsentwürfe mit schmalen, sackgassen-
ähnlichen, von den Hauptstraßen ausgehen-
den Wegen ausarbeiten. Ganz so simpel blieb
der Stadtgrundriß nicht, vielmehr legte man
zur Ricklinger- und zur Limmerstraße Parallel-
straßen an, so daß bis etwa 1880 das netzarti-
ge Straßensystem in Linden-Süd und Linden-
Nord vorgeprägt war, das in den neunziger
Jahren und nach 1900 vollendet wurde.
Im Bereich von Alt- und Neu-Linden baute
man zunächst Hintergebäude auf den Höfen
aus und errichtete einige Häuser an den Dorf-
straßen und an den Koppelwegen (Nieschlag-
straße); das Straßensystem wurde nur wenig
durch einige Neuanlagen im Dorfbereich und
auf dem Gelände des Altenschen Anwesens
(1863 Eleonorenstraße, 1874 Konkordiastra-
ße, 1874 Niemeyer- und Kaplanstraße) erwei-
tert. Seit 1874 machte der Baron von Alten
wiederholt Vorschläge zur Parzellierung sei-
nes nördlichen Grundstückbereichs, die so-
wohl die Anlage der Egestorffstraße als auch
des Lindener Marktplatzes vorsahen.
Bis etwa 1890 wurden die Straßen sehr zö-
gernd bebaut. Zügiger entstanden Werksied-
lungen in der Nähe der Fabriken, die jedoch in
keinem Fall ihre vorgesehene Ausdehnung
erhielten (heute insgesamt verschwunden).
Die Wohnverhältnisse für das Gros der Bevöl-
kerung - das Proletariat („Rotes Linden“) -
waren katastrophal, dem aufgeblähten Dorf
fehlte es an menschenwürdigen Behausun-
gen und an der notwendigen Infrastruktur.
Trotz verschiedener Versuche, die Situation
zu verbessern (seit 1839 verschiedene Schu-
len und und Warteschulen, seit 1856 Gasver-
sorgung möglich, ab 1877 geregelter Straßen-
bau mit Pflaster und Gosse, 1877 Frischwas-
serlieferung möglich) ergaben sich erst mit der
Stadtwerdung 1885 die finanziellen Möglich-
keiten und der notwendige Apparat um Abhilfe
zu schaffen (ab 1885 täglich Müllabfuhr, Pla-
nung der Kanalisation, die erst 1906-1917
entstand, 1893/94 Bau des Städtischen
Schlachthauses am Westende Limmerstraße,
1897 Bau des Elektrizitätswerks am Ostende
Wittekindstraße, beide verschwunden, ab
1883 Bau von Volksschulen).
Allerdings war die Folgezeit geprägt von
Spannungen zwischen den Zielen des bürger-
lichen Magistrats und den tatsächlichen Be-
dürfnissen der Mehrheit der Einwohnerschaft,
die dem vierten Stand angehörte und - da ih-
nen das Bürgerrecht vorenthalten wurde - bis
1918 ohne Einfluß in kommunalen Gremien
waren. Die Bauverwaltung versuchte durch
planerische und bauliche Maßnahmen, Lin-
den den Ruch der Proletenstadt zu nehmen,
um derart eine soziale Umschichtung zu errei-
chen.
Plan der kgl Residenzstadt Hannover, der Vorstädte Hannovers und Glocksee und der Gemeinde Linden,
Blatt 3 (Ausschnitt), 1854, Maßstab des Originals 1:4000, Stadtvermessungsamt
117
Planungsgrundlage diente seit 1845 der „Plan
der Vorstädte von Hannover“. Um den „Wild-
wuchs“ zu steuern, erließ die Kommission
1848 eine Bauordnung für Linden, die u.a.
Baulinien betraf. Diese Bestimmungen erwei-
terte das auf dem preußischen Fluchtlinienge-
setz fußende „Orts-Wege-Statut für den Ge-
meindebezirk Linden“ von 1877; es regelte
außerdem den Verfahrensgang, für den sich
seit etwa 1860 keine Behörde recht zuständig
erkannt hatte. Während dieser Periode unter-
blieb übergreifende Straßenplanung bzw.
konnte nicht durchgesetzt werden (repräsen-
tative Planung im Nedderfeld zwischen Lim-
mer-, Fössestraße und Kötnerholzweg durch
Laves, s.u.), da dem Dorf der kompetente Ap-
parat fehlte. Die Grundstückseigner ließen
von Landvermessern nüchterne Parzellie-
rungsentwürfe mit schmalen, sackgassen-
ähnlichen, von den Hauptstraßen ausgehen-
den Wegen ausarbeiten. Ganz so simpel blieb
der Stadtgrundriß nicht, vielmehr legte man
zur Ricklinger- und zur Limmerstraße Parallel-
straßen an, so daß bis etwa 1880 das netzarti-
ge Straßensystem in Linden-Süd und Linden-
Nord vorgeprägt war, das in den neunziger
Jahren und nach 1900 vollendet wurde.
Im Bereich von Alt- und Neu-Linden baute
man zunächst Hintergebäude auf den Höfen
aus und errichtete einige Häuser an den Dorf-
straßen und an den Koppelwegen (Nieschlag-
straße); das Straßensystem wurde nur wenig
durch einige Neuanlagen im Dorfbereich und
auf dem Gelände des Altenschen Anwesens
(1863 Eleonorenstraße, 1874 Konkordiastra-
ße, 1874 Niemeyer- und Kaplanstraße) erwei-
tert. Seit 1874 machte der Baron von Alten
wiederholt Vorschläge zur Parzellierung sei-
nes nördlichen Grundstückbereichs, die so-
wohl die Anlage der Egestorffstraße als auch
des Lindener Marktplatzes vorsahen.
Bis etwa 1890 wurden die Straßen sehr zö-
gernd bebaut. Zügiger entstanden Werksied-
lungen in der Nähe der Fabriken, die jedoch in
keinem Fall ihre vorgesehene Ausdehnung
erhielten (heute insgesamt verschwunden).
Die Wohnverhältnisse für das Gros der Bevöl-
kerung - das Proletariat („Rotes Linden“) -
waren katastrophal, dem aufgeblähten Dorf
fehlte es an menschenwürdigen Behausun-
gen und an der notwendigen Infrastruktur.
Trotz verschiedener Versuche, die Situation
zu verbessern (seit 1839 verschiedene Schu-
len und und Warteschulen, seit 1856 Gasver-
sorgung möglich, ab 1877 geregelter Straßen-
bau mit Pflaster und Gosse, 1877 Frischwas-
serlieferung möglich) ergaben sich erst mit der
Stadtwerdung 1885 die finanziellen Möglich-
keiten und der notwendige Apparat um Abhilfe
zu schaffen (ab 1885 täglich Müllabfuhr, Pla-
nung der Kanalisation, die erst 1906-1917
entstand, 1893/94 Bau des Städtischen
Schlachthauses am Westende Limmerstraße,
1897 Bau des Elektrizitätswerks am Ostende
Wittekindstraße, beide verschwunden, ab
1883 Bau von Volksschulen).
Allerdings war die Folgezeit geprägt von
Spannungen zwischen den Zielen des bürger-
lichen Magistrats und den tatsächlichen Be-
dürfnissen der Mehrheit der Einwohnerschaft,
die dem vierten Stand angehörte und - da ih-
nen das Bürgerrecht vorenthalten wurde - bis
1918 ohne Einfluß in kommunalen Gremien
waren. Die Bauverwaltung versuchte durch
planerische und bauliche Maßnahmen, Lin-
den den Ruch der Proletenstadt zu nehmen,
um derart eine soziale Umschichtung zu errei-
chen.
Plan der kgl Residenzstadt Hannover, der Vorstädte Hannovers und Glocksee und der Gemeinde Linden,
Blatt 3 (Ausschnitt), 1854, Maßstab des Originals 1:4000, Stadtvermessungsamt
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