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Ness, Wolfgang
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 10, Teil 2): Stadt Hannover — Braunschweig, 1985

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https://doi.org/10.11588/diglit.44415#0128

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Etwa 180 m östlich steht an der Eleonoren-
straße 18 das älteste genutzte Schulgebäude
der Stadt. 1882 nach Entwurf des Maurermei-
sters H. Köhler erbaut, dient es 1883-1890
als „Gehobene Schule“ für gymnasiale Vor-
klassen, heute ist es eine Grundschule. Der
traufständige, dreigeschossige stattliche Ver-
blendziegelbau im Stil der Hannoverschen
Bauschule hat einen für die Entwicklung des
hannoverschen Schulbaus wichtigen Grund-
riß, der in einfacher Form die Geschlechter-
trennung möglich machte.
Nahe der Schule zeigt sich an der Mischung
kleiner Wohnhäuser aus dem mittleren 19. Jh.
und großstädtischen Mietwohnhäusern der
Zeit um 1900 der Bruch zwischen industrie-
dörflicher Vergangenheit und städtischer
Neuplanung um den Lindener Markt (s.o.) be-
sonders deutlich.
1912/13 ersetzte man eines der letzten Bau-
ernhäuser in diesem Bereich durch ein großes
zweispänniges Mietwohnhaus mit monumen-
taler Klinkerfassade, für das K. Conradi die
Pläne geliefert hatte (Davenstedter Straße 6).
Durch seine Größe und seine anspruchsvolle
Gestaltung hebt sich der Bau aus seiner Um-

gebung heraus und bildet einen interessanten
Kontrast zu der benachbarten Villa des Ziege-
leibesitzers Stephanus (Davenstedter Straße
4) von etwa 1865-70. Dieser zierliche zwei-
geschossige gelbe Ziegelbau mit roter Gliede-
rung, Dekorplatten und Sandsteinteilen hat ei-
nen quadratischen Grundriß, schmückende
Vorbauten und ein flaches Pyramiddach. Den
repräsentativen Habitus dieser romanisieren-
den Architektur unterstreicht die prächtige
seitliche Auffahrt mit Sandsteinverblendung
und Marmorsäulen. Das Haus steht etwas be-
drängt von der benachbarten großstädtischen
Miethausbebauung auf der Grenze zwischen
Lindener Marktplatz und Davenstedter Straße
und prägt den Platz entscheidend mit.
FALKENSTRASSE
Dem östlichen Abschnitt der Dorfstraße, der
bereits um 1800 die gerade Führung hatte,
entspricht die heutige Falkenstraße. Ab etwa
1820 schoben sich zwischen die dörflichen
Anlagen mit ihren z.T. großen Hofflächen
städtische Gebäude. Auf den rückwärtigen
Grundstücken entstanden Werkstätten, wie
die z.T. erhaltenen Durchfahrten noch heute

Falkenstraße 23, Wohnhaus, um 1885 Davenstedter Straße 4, Villa Stephanus,
um 1865/70


Falkenstraße 16, Wohnhaus, um 1875 Falkenstraße 21/21 a, Wohn-und
Geschäftshaus, 1898, Architekt A. Sasse


zeigen. 1860 entwickelte sich aus einer um
1820 auf der Nordseite der Straße gegründe-
ten Rademacherei die Wagenfabrik Jacobi.
Etwa 1875 ließ sich der Besitzer direkt an der
Straße ein dreigeschossiges einspänniges
Wohnhaus aus gelben Ziegeln erbauen (Fal-
kenstraße 16). Die symmetrische, fünfachsige
Straßenfront mit mittigem Eingang zeichnet
sich durch eine zurückhaltende Gliederung
aus. In den zarten geschoßübergreifenden Li-
senen mit Blendbogen unter dem Traufge-
sims, den rundbogigen Fenstern mit beglei-
tender Bogenzier, der Form der Gesimse le-
ben die Gestaltungsmittel des Rundbogenstils
nach; daneben nimmt sich das später hinzu-
gefügte Zwerchhaus mit seiner mehr spät-
klassizistischen Gliederung etwas fremd aus.
Im Ganzen hat sich das Haus einschließlich
seiner Eingangstür hervorragend erhalten.
Um 1885 dürfte Falkenstraße 23 entstanden
sein. Es ist ein rotes Ziegelgebäude mit seitli-
cher Durchfahrt und rückwärtiger Erschlie-
ßung, dem eine für Lindener Verhältnisse
protzige Putzfassade vorgeblendet ist. Die
beiden Nachbarhäuser Falkenstraße 21, 21a
haben eine gemeinsame Durchfahrt und wur-
den 1898 nach Plänen des Lindener Architek-
ten A. Sasse erbaut. Sie stellen sowohl in der
Wahl des Materials (roter Ziegel) als auch den
gotisierenden Formen und der Fassadenauf-
teilung späte Ableger der Hannoverschen
Bauschule dar. Im Gegensatz zu den beiden
vorgenannten Denkmalen handelt es sich hier
um großstädtische Mietwohnhäuser mit La-
denlokalen, die aus einer Zeit stammen, als
sich die Falkenstraße durch hohe Gebäude
mit anspruchsvoller Frontgestaltung und
Baumbepflanzung zur Repräsentations- und
Geschäftsstraße zwischen dem Lindener
Marktplatz und dem Schwarzen Bären entwik-
kelt hatte.
Die Bebauung wurde in den zwanziger Jahren
dieses Jahrhunderts ergänzt. Durch die be-
trächtlichen Zerstörungen des Zweiten Welt-
kriegs in diesem Bereich und den vereinfach-
ten Wiederaufbau verlor die Straße ihren an-
spruchsvollen Charakter.
SCHWARZER BÄR,
EINGANG DEISTERSTRASSE
Zu Beginn des 19. Jh. stand zur Diskussion, in
welcher Richtung sich die Residenzstadt aus-
dehnen sollte. Der hannoversche Magistrat
bevorzugte eine Öffnung über die Ihme nach
Westen unter Einbeziehung des Dorfes Lin-
den und versuchte, hier durch Landkäufe Fuß
zu fassen. Bis auf den Erwerb eines Grund-
stücks an der Deisterstraße, wo 1829/30 das
städtische Krankenhaus entstand (zerstört,
heute Parkplatz Hautklinik) scheiterten die
Verhandlungen jedoch an den finanziellen
Forderungen des Grafen von Alten. G.L.F. La-
ves, als Hofbaumeister von einigem Einfluß,
schlug dagegen ab 1819 einer Erweiterung
der Stadt nach Osten vor und setzte sich mit
dieser Planung 1830 in London durch. Infolge
dieser Entscheidung kam es zu der Abnabe-
lung Lindens und seiner fast einhundertjähri-
gen selbständigen städtebaulichen Entwick-
lung.
Bis 1890 (Bau der Leinertbrücke am Eingang
nach Linden-Nord) blieb es bei dem einen al-

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