Capitolhaus
1930 setzte man mit dem Bau des zehn Voll-
geschosse umfassenden Büro- und Kinoge-
bäudes (Schwarzer Bär 2) auf dem nördlichen
Eckgrundstück vor der Ihmebrücke einen weit
sichtbaren städtebaulichen Akzent. Gleichzei-
tig wurde mit diesem Bauwerk nach Plänen
von F. Hartjenstein (s.u. Fössestraße 4, 6ff.)
das erste und für lange Zeit einzige Hochhaus
in Linden errichtet (vgl. Hannover Teil I: Oe-
sterleystraße 5, um 1928; Goseriede 9,1927/
28; Hildesheimer Straße 12,1929/31; Geibei-
platz 5, 1930). Der Komplex besteht aus dem
turmartigen Block und einem flußparallelen
langgestreckten Flügel mit zurückgesetztem
Obergeschoß, erbaut als Stahlskelettkon-
struktion unter Flachdach mit braun-violetter
Klinkerfassade. An den Fassaden ist ein Aus-
gleich zwischen vertikalen (keilförmige Vorla-
gen, schießschartenschmale Fenster) und ho-
rizontalen Elementen (Arkaden, Fensterbän-
der) erreicht, wobei am „Turm“ die Höhenent-
wicklung überwiegt, am Flügel die Breitendeh-
nung dominiert, und sich beide Abschnitte als
gleichwertig behaupten und ergänzen. In sei-
ner Ausrichtung deutlich auf Hannover bezo-
gen markiert dieses Gebäude den Eingang
nach Linden und besitzt neben seinem künst-
lerischen und bauhistorischen Wert bedeu-
tende städtebauliche Qualitäten, die sich
selbst noch heute neben dem mächtigen Ih-
mezentrum durchzusetzen vermögen.
ZWISCHEN DAVENSTEDTER-
UND FÖSSESTRASSE
Einen großen Teil des Gebietes zwischen Blu-
menauer Straße und modernem Westschnell-
weg nahm seit dem 17. Jh. der herrschaftliche
Küchengarten ein, der 1866 mit der Annexion
durch Preußen seine Funktion als Gemüselie-
ferant für die Residenz einbüßte und in der
Folgezeit von der Domänenverwaltung ab-
schnittsweise verkauft wurde. Von den Ge-
bäuden bzw. baulichen Anlagen des Kü-
chengartens hat sich nichts erhalten; Pavillon
und Portal zieren heute den Friedhof Am Lin-
dener Berg (s.o.).
Wahrscheinlich seit dem 17,/frühen 18. Jh.
spätestens jedoch seit der Verkoppelung
schlossen den königlichen Küchengarten im
Westen (Diekbornstraße in Verlängerung der
Kirchstraße), Norden (Fössestraße) und
Osten (Vorform der Stephanusstraße) Wege
ein; im Süden verlief die Davenstedter Straße
(s.o.). Zu dem bereits im 17. Jh. vorhandenen
Wegesystem gehört außerdem die Nieschlag-
straße, welche die von Platenschen Wirt-
schaftsanlagen in Verlängerung des Brau-
wegs über den Kötnerholzweg mit dem eben-
falls seit etwa 1700 in Platenschen Besitz be-
findlichen Kötnerholz und der Landstraße
nach Wunstorf (Limmerstraße) verband. Als
Koppelweg vorgebildet war auch bereits der
Abschnitt der Wittekindstraße zwischen
Dieckborn- und Nieschlagstraße.
1872 baute man nach langer Diskussion die
beiden zur Altenbekener Bahnlinie gehören-
den Lindener Bahnhöfe im Süden (Fischer-
hof) bzw. als Sackbahnhof Küchengarten im
Zwickel zwischen Blumenauer- und Fösse-
straße. Mit dem Standort des Küchengarten-
bahnhofs sicherte man die Verkehrsanbin-
dung der Fabriken an der Ihme und im Ned-
derfeld (östlich Limmerstraße); doch gleich-
zeitig zerstörte die teilweise in einem „Trog“
verlaufende Strecke die Verbindung - Dieck-
bornstraße - zwischen dem Dorf Linden und
der nördlichen Feldmark bzw. der Ansiedlung
nördlich der Fössestraße. Der Verkehr mußte
nun allein über die Nieschlagstraße laufen, die
eine Holzbrücke erhielt. Als Westzufahrt zum
Bahnhof entstand parallel zum Gleis die Ram-
penstraße.
Die Anlage des Bahnhofs gab offenbar den
Anstoß für die schrittweise Besiedlung des
Gebietes zwischen Davenstedter- und Fösse-
straße, wobei zunächst das Gelände des Kü-
chengartens ausgespart blieb. Man begann,
das Karree zwischen Dieckborn-, Wittekind-,
Nieschlag- und Rampenstraße zu parzellieren
und durch die Konkordiastraße besser zu
erschließen. 1875 standen bereits einige Ge-
bäude an den Ecken Dieckborn-/Rampenstra-
ße, Dieckborn-/Wittekindstraße (verschwun-
den) und auf der Ostseite der Nieschlag-
straße.
DIECKBORNSTRASSE
Von diesen ältesten Häusern hat sich Dieck-
bornstraße 36, ein zweigeschossiger Ziegel-
bau mit zahnschnittähnlichen Gesimsen, Sat-
teldach mit Zwerchhaus, symmetrischer fünf-
achsiger Fassade und mittigem Eingang mit
eingezogener Treppe erhalten, der in den
neunziger Jahren eine „moderne“ Putzfassa-
de erhielt; er entsprach dem Typ des „Mittel-
flurhauses“, zu dem auch das etwa gleichaltri-
ge Nachbarhaus Nr. 37 gehört, das allerdings
zwei seitliche Zwerchhäuser und rundbogige
Öffnungen hat.
An den wenig jüngeren Häusern Dieckborn-
straße 39 (zweigeschossig) und Nr. 40 (drei-
geschossig) hat sich hinsichtlich der Grundriß-
disposition wenig verändert. Die von demsel-
ben Maurermeister entworfenen Fassaden
zeigen einen stärker von der Hannoverschen
Bauschule beeinflußten Gestaltungswillen.
Diese Gebäude stehen nicht ganz in einer
Flucht und haben noch einen Bauwich zum
Nachbarhaus, stammen also aus der Zeit vor
der Einführung der geschlossenen Bauweise,
die sich in den späten achtziger Jahren durch-
setzte. Etwa 1890 entstanden zwischen den
genannten kleinen Häusern bereits als Er-
Schwarzer Bär 2, „Capitolhaus“, 1930, Architekt F. Hartjenstein
Dieckbornstraße 42-36
128
1930 setzte man mit dem Bau des zehn Voll-
geschosse umfassenden Büro- und Kinoge-
bäudes (Schwarzer Bär 2) auf dem nördlichen
Eckgrundstück vor der Ihmebrücke einen weit
sichtbaren städtebaulichen Akzent. Gleichzei-
tig wurde mit diesem Bauwerk nach Plänen
von F. Hartjenstein (s.u. Fössestraße 4, 6ff.)
das erste und für lange Zeit einzige Hochhaus
in Linden errichtet (vgl. Hannover Teil I: Oe-
sterleystraße 5, um 1928; Goseriede 9,1927/
28; Hildesheimer Straße 12,1929/31; Geibei-
platz 5, 1930). Der Komplex besteht aus dem
turmartigen Block und einem flußparallelen
langgestreckten Flügel mit zurückgesetztem
Obergeschoß, erbaut als Stahlskelettkon-
struktion unter Flachdach mit braun-violetter
Klinkerfassade. An den Fassaden ist ein Aus-
gleich zwischen vertikalen (keilförmige Vorla-
gen, schießschartenschmale Fenster) und ho-
rizontalen Elementen (Arkaden, Fensterbän-
der) erreicht, wobei am „Turm“ die Höhenent-
wicklung überwiegt, am Flügel die Breitendeh-
nung dominiert, und sich beide Abschnitte als
gleichwertig behaupten und ergänzen. In sei-
ner Ausrichtung deutlich auf Hannover bezo-
gen markiert dieses Gebäude den Eingang
nach Linden und besitzt neben seinem künst-
lerischen und bauhistorischen Wert bedeu-
tende städtebauliche Qualitäten, die sich
selbst noch heute neben dem mächtigen Ih-
mezentrum durchzusetzen vermögen.
ZWISCHEN DAVENSTEDTER-
UND FÖSSESTRASSE
Einen großen Teil des Gebietes zwischen Blu-
menauer Straße und modernem Westschnell-
weg nahm seit dem 17. Jh. der herrschaftliche
Küchengarten ein, der 1866 mit der Annexion
durch Preußen seine Funktion als Gemüselie-
ferant für die Residenz einbüßte und in der
Folgezeit von der Domänenverwaltung ab-
schnittsweise verkauft wurde. Von den Ge-
bäuden bzw. baulichen Anlagen des Kü-
chengartens hat sich nichts erhalten; Pavillon
und Portal zieren heute den Friedhof Am Lin-
dener Berg (s.o.).
Wahrscheinlich seit dem 17,/frühen 18. Jh.
spätestens jedoch seit der Verkoppelung
schlossen den königlichen Küchengarten im
Westen (Diekbornstraße in Verlängerung der
Kirchstraße), Norden (Fössestraße) und
Osten (Vorform der Stephanusstraße) Wege
ein; im Süden verlief die Davenstedter Straße
(s.o.). Zu dem bereits im 17. Jh. vorhandenen
Wegesystem gehört außerdem die Nieschlag-
straße, welche die von Platenschen Wirt-
schaftsanlagen in Verlängerung des Brau-
wegs über den Kötnerholzweg mit dem eben-
falls seit etwa 1700 in Platenschen Besitz be-
findlichen Kötnerholz und der Landstraße
nach Wunstorf (Limmerstraße) verband. Als
Koppelweg vorgebildet war auch bereits der
Abschnitt der Wittekindstraße zwischen
Dieckborn- und Nieschlagstraße.
1872 baute man nach langer Diskussion die
beiden zur Altenbekener Bahnlinie gehören-
den Lindener Bahnhöfe im Süden (Fischer-
hof) bzw. als Sackbahnhof Küchengarten im
Zwickel zwischen Blumenauer- und Fösse-
straße. Mit dem Standort des Küchengarten-
bahnhofs sicherte man die Verkehrsanbin-
dung der Fabriken an der Ihme und im Ned-
derfeld (östlich Limmerstraße); doch gleich-
zeitig zerstörte die teilweise in einem „Trog“
verlaufende Strecke die Verbindung - Dieck-
bornstraße - zwischen dem Dorf Linden und
der nördlichen Feldmark bzw. der Ansiedlung
nördlich der Fössestraße. Der Verkehr mußte
nun allein über die Nieschlagstraße laufen, die
eine Holzbrücke erhielt. Als Westzufahrt zum
Bahnhof entstand parallel zum Gleis die Ram-
penstraße.
Die Anlage des Bahnhofs gab offenbar den
Anstoß für die schrittweise Besiedlung des
Gebietes zwischen Davenstedter- und Fösse-
straße, wobei zunächst das Gelände des Kü-
chengartens ausgespart blieb. Man begann,
das Karree zwischen Dieckborn-, Wittekind-,
Nieschlag- und Rampenstraße zu parzellieren
und durch die Konkordiastraße besser zu
erschließen. 1875 standen bereits einige Ge-
bäude an den Ecken Dieckborn-/Rampenstra-
ße, Dieckborn-/Wittekindstraße (verschwun-
den) und auf der Ostseite der Nieschlag-
straße.
DIECKBORNSTRASSE
Von diesen ältesten Häusern hat sich Dieck-
bornstraße 36, ein zweigeschossiger Ziegel-
bau mit zahnschnittähnlichen Gesimsen, Sat-
teldach mit Zwerchhaus, symmetrischer fünf-
achsiger Fassade und mittigem Eingang mit
eingezogener Treppe erhalten, der in den
neunziger Jahren eine „moderne“ Putzfassa-
de erhielt; er entsprach dem Typ des „Mittel-
flurhauses“, zu dem auch das etwa gleichaltri-
ge Nachbarhaus Nr. 37 gehört, das allerdings
zwei seitliche Zwerchhäuser und rundbogige
Öffnungen hat.
An den wenig jüngeren Häusern Dieckborn-
straße 39 (zweigeschossig) und Nr. 40 (drei-
geschossig) hat sich hinsichtlich der Grundriß-
disposition wenig verändert. Die von demsel-
ben Maurermeister entworfenen Fassaden
zeigen einen stärker von der Hannoverschen
Bauschule beeinflußten Gestaltungswillen.
Diese Gebäude stehen nicht ganz in einer
Flucht und haben noch einen Bauwich zum
Nachbarhaus, stammen also aus der Zeit vor
der Einführung der geschlossenen Bauweise,
die sich in den späten achtziger Jahren durch-
setzte. Etwa 1890 entstanden zwischen den
genannten kleinen Häusern bereits als Er-
Schwarzer Bär 2, „Capitolhaus“, 1930, Architekt F. Hartjenstein
Dieckbornstraße 42-36
128