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Pantel, Etta [Editor]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 9, Teil 1): Stadt Wolfenbüttel — Braunschweig, 1983

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https://doi.org/10.11588/diglit.44416#0045
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SCHLOSSBEREICH/
EHEMALIGE DAMMFESTUNG
Dieser älteste Teil der vier Wolfenbütteler
Siedlungseinheiten ist mittelalterlichen Ur-
sprungs. Er liegt heute eingebunden zwi-
schen der westlich gelegenen Auguststadt
und der Heinrichstadt im Osten. Die Gren-
zen des befestigten Bereichs sind nach dem
Schleifen der Wälle in der ersten Hälfte des
19. Jh. im Stadtbild größtenteils verwischt.
Im Norden verliefen sie auf der Höhe Lauen-
straße/Bibliothek/SchiffwalI, im Osten im
Gartengelände zwischen Schloßplatz/Kleiner
Zimmerhof und Kaufhausneubau/Ecke Lö-
wenstraße. Im Süden und Westen zeigt der
Verlauf des Okergrabens die Grenzen der
Befestigung an (vgl. historische Karten von
1626 und 1741).
Der Grundriß dieses Stadtteils ist bestimmt
durch das ehemalige Residenzschloß und den
großen Schloßplatz östlich davor.
Charakteristisch ist außerdem der geschwun-
gene Okerarm, der den gesamten Bereich
durchfließt.
Im Süden grenzen ausgedehnte, teilweise
parkähnliche Freiflächen an die Oker bzw.
die Bahnanlagen. Im Nahbereich des Schlos-
ses stehen moderne Erweiterungsbauten der
Schule. Im Norden ist der historische Fe-
stungsbereich um ein am Ende des 19. Jh.
angelegtes Wohngebiet erweitert worden
(siehe Lessingstraße/Leibnizstraße/Anna-
Vorwerk-Straße).
Der Schloßbereich bzw. die ehemalige
Dammfestung ist hervorgegangen aus einer
mittelalterlichen „Herrenburg", deren Exi-
stenz erstmals seit 1188 belegt ist, die aber
bereits 1255 wieder zerstört war. Um 1283
erbaute Herzog Heinrich der Wunderliche
höchstwahrscheinlich an gleicher Stelle eine
Wasserburg, die seit 1432 ständige Haupt-
residenz des Mittleren Hauses Braunschweig
war. Hieraus ist das spätere Herzogliche
Residenzschloß der Herzöge zu Braun-
schweig und Lüneburg hervorgegangen.
SCHLOSS
Das heutige Schloßgebäude beherbergt ein
Gymnasium, eine Jugendherberge und das
Heimatmuseum.
Der ringförmige Baukörper besteht aus fünf
Flügeln, die unregelmäßig um einen Hof
gruppiert sind. Die Ost- und Nordseite wird
noch heute von einem Okerarm, dem „Burg-
graben", umflossen, dessen südwestlicher Teil
bereits um 1700 zugeschüttet wurde. Er er-
innert an den Ursprung des Schlosses als
Wasserburg. Vor dem Portal des Ostflügels
überquert eine breite Brücke den Graben.
Der hohe Schloßturm, der sogenannte Haus-
mannturm, liegt in der Ostecke des Schlosses
und ragt heute hinter der einheitlich gestalte-
ten Fassade hervor. Er prägt das Erschei-
nungsbild des Schlosses von jeher und ist
auch heute noch eine Dominante im gesam-
ten Stadtbild.
Der anschließende großzügige Ausbau der
ehemaligen Burg erfolgte nach den schweren
Zerstörungen während der Schmalkaldischen
Kriege (1542—47) unter der Regentschaft
der Herzöge Heinrich dem Jüngeren und

Julius bis 1589. Dadurch lassen sich die
ursprünglichen Räumlichkeiten der Burg
nicht mehr bestimmen. Reste der mittelalter-
lichen Substanz sind jedoch noch im Unter-
bau des Hausmannturmes sowie in dem
halbrunden Wehrturm von 1471 enthalten,
der heute hinter der risalitartig vorgesetzten
Fassade im Süden des Ostflügels versteckt ist
(siehe Grundriß von 1900). Maßgeblicher
Baumeister in der Ausbauphase war von
1556—59 Francesco Chiaramella, der auch
an der Planung der Alten Heinrichstadt be-
teiligt war. Er erbaute die Schloßkapelle im
Süden des Schloßkomplexes. Dieser große
quadratische Zentralbau wurde 1795 abge-
rissen bis auf Reste des. Kellergewölbes und
der Dachkonstruktionen, die in den heutigen
Baukörper einbezogen sind. Ebenso wur-
de der im Süden anschließende Wohnflügel,
die sogenannte Heinrichsburg, abgetragen.
Aus dieser Zeit erhalten ist u.a. der große
Renaissancesaal von 1570 im Südwestflügel.
Er ist zweischiffig gewölbt mit toskani-
schen Säulen in der Mitte.
Zu Anfang des 17. Jh. erfolgte der Ausbau
des Hausmannturmes durch den Baumeister

Paul Francke. Das geschwungene Dach von
1613/14 mit den für Wolfenbüttels Renais-
sancebauten typischen Zwerchhäusern und
die achteckige Laterne mit Haubendach
kennzeichnen die Silhouette des Turmes.
Herzog August der Jüngere ließ 1643/44
nach teilweisen Zerstörungen durch den
Dreißigjährigen Krieg den Innenhof neu ge-
stalten. Die ursprünglich zweigeschossigen
Arkaden sind heute nach einer Aufstockung
Ende des 17. Jh. im Obergeschoß und an
zwei Seiten im Erdgeschoß geschlossen. Der
neue Südflügel des Schlosses entstand eben-
falls in dieser Zeit.
Die barocke Außenfassade, die heute das
Erscheinungsbild des Schlosses bestimmt,
entstand in den Jahren 1714—16. Sie wurde
durch den Baumeister Hermann Korb im
Auftrage von Herzog August Wilhelm er-
richtet und verdeckt die unterschiedlichen
z.T. mittelalterlichen Bruchsteinfassaden.
Die strenge dreigeschossige Fachwerkfassade
an der Ost- bis Nordwestseite ist verputzt.
Sie versucht entsprechend dem Zeitge-
schmack den Charakter von Steinbauten
nachzuahmen. Auf der Nordwestseite springt

Schloß,Innenhof


Lessingplatz 2, Longiusbogen im Garten
des Lessinghauses


Schloß, Ansicht von Nordosten


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