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Die Junker auf d

teten die Elenden nicht — wie Dich ja selbst die Mutter ver-
gaß, mein Sohn! Aber habsüchtig nahm der Kroate zu sich,
was an Kostbarkeiten zu rauben war. Auch jene goldene Kette,
welche Deine unselige Mutter noch vom Vermählungstage her
besaß, war und blieb verschwunden.

Niemals mehr habe ich von Deiner Mutter und ihrem
Entführer sichere Kunde erhalten. Nur einmal kam mir, sieben
! Jahre später, noch eine Nachricht von ihnen zu. Ein Kauf-
! mann von Nürnberg erzählte mir, daß er im Lager der Luthe-
! rischen, tief drinnen in Mecklenburg, einen Hauptmann kennen
I gelernt, dessen Frau ihm kostbar' Tuch und feines Linnen ab-
I gekauft. Er glaubte Gertrudis, das in Nürnberg wohlbekannte,
j schöne Reichsfreisräulein, in ihr zu erkennen. Bald darauf kamen
die Kaiserlichen und trieben den Feind weiter hinein gegen die
Ostsee. Der Nürnberger Kaufmann hatte Mühe, heim in's
Frankenland sich durchzuwinden. Auch ich erkannte in jener
! Beschreibung mein ungetreues Weib. Gefaßt auf lange Jahre
der Einsamkeit, mein Weh' still im Herzen verschließend, lebte
j ich nun die folgenden Jahre hier auf dem Schwalbenhofe. Mein
! Bruder Willibald vermochte es allein, durch seine Wissenschaft
mich zu erheitern. Ich ergab mich selbst dem Studium der
Natur und lernte ihre wunderbaren Kräfte kennen. In ihren
! Geheimnissen fand ich Trost. Ich erwog, daß wir Kinder
dieser Erde, um unseres kurzen Daseins willen, dem Grame
nicht anhüngen, nein, uns stündlich vorbcreitcn sollen auf die be-
freiende Stunde des Todes, wo die Natur, unser Aller Mutter,
uns den Frieden in ihrem Schooße schenkt. In diesem Sinne
! lebte ich fortan. Dir, mein Sohn, widmete ich alle väterliche

em Schwalbenhofe.

Sorgfalt. Wohl mir, daß ich sterbend und Dich segnend sagen
kann: Heinrich, Du bist ein guter Sohn geworden!

Ja, empfange, was Du wohl verdientest, zum Letzten
meinen väterlichen Segen! Tu wirst in wenig Tagen an mei-
nem Sterbelager stehen und mir sanft die Augen zudrücken!
Lebe wohl, mein guter Heinrich! Mögest Du dereinst ein edles
Weib heimführen, möge die trauliche Schwalbe nach langem
Fernesein einstmals wieder nisten unter diesem Dache, dann,
wenn im deutschen Reiche die Friedensglocken erklungen sind
und das Blutvergießen beendigt ist. Und höre noch dieses:
Solltest wider Menschen Vermuthcn Du jemals Deine Mutter
wiederfinden, so magst Du ihr sagen, daß ich ihr verziehen
habe und sie jenseits wiederzuschcu hoffe, im Reiche des ewigen
Friedens, wohin ja auch die reuigen Seelen gelangen.

Dein treuer Vater Heinrich,
manu propria."

Weiter lautet nun die Chronik:

„Dies ist das letzte Vermüchtniß meines Vaters. Wie
war mir um's Herz, nachdem ich diese Zeilen gelesen! Mein
Vater hatte also an die zwanzig Jahre den tiefsten Herzens-
gram getragen und mit gebrochener Seelenkraft nur noch voll
Liebe mich, den Sohn, umfangen! Wie vermehrte diese Be-
trachtung meine Liebe zu dem Dahingeschiedenen! Ach, nun
war er tobt, lag untcr'm Rasen, und neben ihm gebettet sein
wackerer Bruder Willibald, mein guter Oheim, der für den
Vater das Opfer wüster Rache geworden! Nun war ich allein
auf dem mir zur Oedniß gewordenen Schwalbenhofe. Traurig
blickten in den langen Corridoren die eingedunkeltcn Ahnen-
bilder und Jagdstücke mich an, die Waffen des Vaters hingen,
an eine stolze Zeit ritterlicher Thaten vergeblich mich mahnend,
staubig an den Wänden und des Oheims Laboratorium, wo
. mir der selige Geist Willibald's noch immer zu walten schien,
war mir zum Gegenstände heiliger Scheu geworden. Ein Jahr
lang weilte ich als einsamer Bewohner auf dem Schwälbenhofe.
Aus dem Schatzküstlein des Vaters hatte ich die goldene Kette
genommen und trug sie als theures Andenken immerdar über
die Brust gehängt. Ich ward den Anwohnern der nachbar-
lichen Dörfer und Edelsitze bald ein Gegenstand der Neugierde.
Meine einsamen Wanderungen durch Flur und Wald, mein
Grübeln nach dem verhüllten Schicksale meiner Mutter gaben
meinem Aenßeren das Aussehen eines Sonderlings. Mein
Hausgesinde auf dem Schwalbenhofe ward bald meiner Art
gewohnt und gehorchte mir mit liebevoller Besorgniß, ja mit
Scheu vor meinem geistigen und Gemüthszustande.

Ich habe schon oben verzeichnet, daß ich noch zu Lebzeiten
meines Vaters drinnen in der Reichsstadt Nürnberg ein Mügd-
lein mir erkiest hatte, welches meine ganze Seele hiunahm und
das ich als ehelich Weib heimzuführen fest entschlossen war.

Mechthildis hieß das Mägdlein und war Werner's, des
Kauf- und Rathsherrn am Platze vor St. Lorenzi, sittiges
Töchterlcin. So sehr ich nun jenes Mägdlein, das mir große
Rcichthümer zubringen sollte und in Wahrheit tugcndsnm war,
liebte und ehrte, es hielt mich — mag man es thöricht nennen
— nachdem ich die hinterlasseue Schrift meines durch ein Weib
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Junker auf dem Schwalbenhofe"
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Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Schneider, Hermann
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Reiter <Motiv>
Pferd <Motiv>
Turm
Reiterin
Karikatur
Frau <Motiv>
Festung <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 54.1871, Nr. 1331, S. 18
 
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