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\ ^' Handlungen, sowie von allen Postämter n und stM == ■ »W A M , preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 84 kr. '' 5'n '

Zeitnngsexpeditionen angenommen. _ od. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2'/., Sgr.

Cagliostro und s

Cagliostro! Welch' ein Name von Hoheit. Gelehrsamkeit
! und Edclmuth im achtzehnten und welch' ein Name von Niedrig-
keit, Charlatanerie und Gaunerei im neunzehnten Jahrhundert!
— Cagliostro, der Liebling der Damen, das Hätschelkind der
Aristokratie, der Abgott der Adepten und Alchymisten, der Mann
des Dunkels und der Geheimnisse, war zum zweiten Male nach
. Paris zurückgekommen, in die Hauptstadt des Luxus und der
Freude, um Männern von Geld für schwere Schätze einige
! Goldbarren aus dem Tiegel, um abergläubischen Betschwestern
i Geister aus seinen Maschinen zu zaubern, und um koquetten
und lebensfanatischen Damen ein Lebenselixir, welches ihnen
! ctD'ge Jugend, ewige Schönheit verschaffen sollte, zu bereiten
~~ mit einem Worte: um zum zweiten Male die Rolle des
großen Betrügers der Großen zu spielen, um zum zweiten
Male Krösus-Schätze zu erwerben.

Die Art und Weise, wodurch Cagliostro seinen enormen
Aeichthum erwarb, waren verschieden. Bald war er Alchymist,
dald war er Geisterbeschwörer, bald wieder Astrolog und zur
Abwechslung führte er auch manchmal das im 18. Jahrhundert
su sehr beliebte Somnambuten-Comödicnspiel auf, welches Spiel
seinem Meister volle Ehre machte.

Die etymologische Bedeutung des Wortes „Somnambule"
küßt sich wohl in dem lateinischen Worte somnium (Schlaf) und
tn dem griechischen ßovh'j (Buls-Rath) ausfinden, welche zwei
Wörter also zusammengesetzt eine Person andcuten, welche im
schlafe einen Rath ertheilt. Nach Cagliostro's Aussagen wären
^ie Rathschläge und Weissagungen seiner Somnambule dem
^«gnctischen Einflüsse, den er auf sie übte, zuzuschreiben. Nun
iuA aber die Wissenschaft bewiesen, daß der Schlaf des Men-
schen wohl durch gewisse vegetabilische und mineralische Sub-
llanzen zu fördern, festzuhaltcn, ja zu verstärken sei, daß aber
le Nerven des Menschen durchaus keinem Einflüsse magischer

eine Somn ambule.

oder magnetischer Künste zugänglich seien, welche Einflüsse eine
Aehnlichkeit des Schlafes als Ergebniß Hütten. Es muß also
hieraus, folgen, daß der Somnambulismus gar nicht existire,
daß dieß eine Erfindung und als solche ein von Cagliostro aus-
gebeutctes Gaukelspiel war, welches heute noch fortgesetzt wird.
Und doch trafen die Weissagungen, die Kcnntniß der Ver-
gangenheit und der Zukunft, welche Cagliostro seinen Besuchern
durch den Mund seiner angeblichen Somnambule sagte, fast
auf das Genaueste zu, so daß man versucht war, an einen
wirklichen Zustand des Somnambulismus zu glauben. Wenn
man jedoch bedenkt, daß, wenn einen ein Unglück betraf, er
allsogleich zu Cagliostro lief, um sich Raths zu holen, — wenn
einem Ehemanne seine Frau entlief, er zu Cagliostro eilte, um
Auskunft zu erhalten, — wenn ein Rouo eine Dame entsührte
und wissen wollte, was zu machen sei, er dasselbe that, —
wenn ein heirathslustiger Hagestolz eine reiche Frau suchte, er
Cagliostro befragte und wenn eine solche einen hochgestellten
Gemahl zu bekommen wünschte, ebenfalls diesen bestürmte, —
wenn ein Stellcnjügcr ein hohes Amt ansuchte, er wieder nur
Cagliostro um Auskunft bat, daß Cagliostro so zum Mittel-
punkte der Parteien genommen, durch seine langjährigen Er-
fahrungen, durch seine tiefe Menschenkenntniß, durch seine scharfe
und langgeübte Combinationsgabe, sowie durch seine beispiel-
lose Frechheit im Lügen, hauptsächlich aber durch das beständige
Glück, welches ihm so zu sagen freiwillig in die Hände arbeitete,
daß er durch diese Eigenschaften Jedem ein Stück von seiner
Vergangenheit und seiner Zukunft sagen konnte: so wird es
Niemand mehr Wunder nehmen, wie Cagliostro mittelst seiner
Somnambule so große Erfolge erzielen, wie überhaupt seine
Geliebte als Somnambule betrachtet werden konnte.

Eine solche Scene greifen wir aus dem Leben Cagliostro's,
welche sich um das Jahr 1786 zugetragen, und welche wir

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