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«m u ngsexpeditionen angenommen._ od. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2'l? Sgr.

Der Badearzt.

Lieber Leser! Bist Du schon einmal im Falle gewesen, eine
Luft-, Trink-, oder Badekur durchmachen zu müssen? — Nicht?

Dann kennst Du auch das sonderbare Wesen eines soge-
nannten Badearztes nicht.

Ter Schreiber dieser Zeilen kommt auf seinen Sommer-
Wanderungen oft in Badeorte; ohne das; ihm irgend eine Krankheit
^ und da Molesten macht, verfügt er sich gerne an einen stillen
in eine Kuranstalt, wo er gemächlich seines Leibes pflegen kann
und dann allerhand „wahre und ersonnene" Geschichten ausheckt,
^ er neugierigen Lesern oft in Bild und Wort zum Besten gibt.

war er letzthin im Bade Natrobrunn. Kommst Du, lieber
^!er, einmal in den Fall, in eine solche Kuranstalt wandern
müssen, so nimm Dich absonderlich vor einer gewissen Sorte
Badeärzten in Acht. Das sind thcurc Vögel, machen Einem
Herz schwer und den Beutel leicht; der Geschichtenschreiber
ertT|t z. B. Einen, der nur durch Consultationen (auf deutsch:
cheuer,, Rath) reich geworden ist.

Es ist der Herr Doktor Notabene in Natrobrunn; er ist
einziger Arzt im Städtchen, er hat Concurrenten, aber
,rt^ schadet nichts. Früh zehn llhr und Nachmittags drei Uhr
. er seine Consultationsstunden. Da sitzt er nachlässig aus-
^llrcckt auf seinem wohlgepolstertcn Sessel in seinem Empfangs-
^"Mer und hält, um recht gelehrt zu erscheinen, das neueste
"^'zinische Werk halb ausgeschnitten in der Hand.

Es schlägt 10 Uhr. Man klopft. „Herein!"

Ein wohlgekleideter Herr in mittlerem Alter tritt ein.

^ »Herr Doktor," beginnt er, „ich bin seit gestern hier, allein
>ch die Kur anfange, bin ich so frei, Ihren Rath cinzu-
!”• Ich habe mich zwar bereits in der Badcliteratur des
,^llllen Kurorts genau umgeschen und glaube so ziemlich orientirt
ich °^e'tl Ju größerer Sicherheit und Beruhigung wünsche
"°ch Ihre hochachtbare Meinung zu vernehmen."

Der Patient hält crsck .me, der Arzt, indem er sich
in seinem Armsessel wiegt, betraustet aufmerksam den Fremden.

„Welcher Krankheit glauben Sie unterworfen zu sein?"
fragt er langsam.

Der Patient erörtert sein Leiden.

„Ganz richtig. Die Symptome stimmen vollständig mit
den Beobachtungen, die ich soeben an Ihrer wcrthen Person >
gemacht habe."

„Die Trinkkur," fährt der Patient beruhigt fort, „wird
mir also entschieden heilsam sein?"

„Ganz gewiß, ganz gewiß."

„Ich werde also jeden Morgen außerdem ein Bad nehmen?"

„Ja, thun Sie das."

„Mein Arzt zu Hause hat mir ancmpfohlen, nur alle zivei
Tage ein Bad zu nehmen, wenn ich irgendioic Ermüdung fühlen
sollte," sagt der besorgte Patient.

„In dieser Hinsicht stimme ich seiner Ansicht vollständig
bei," entgegnet unser Badearzt.

„Ich trinke somit, wenn Sie damit einverstanden sind,
drei Gläser Wasser Vormittags und vier Gläser Nachmittags."

„Vollkommen einverstanden," nickt der Aesculap.

„Darf ich vielleicht mit der Zahl der Gläser, welche ich
zu trinken habe, steigen, im Falle mein Magen eine solche Stei-
gerung ertragt?" fragt der Patient.

„In diesem Falle gewiß. Sie machen dann, was wir Me-
diziner mit einem technischen Ausdruck bezeichnen, eine „Saison."

„Glauben Sie nicht auch, Herr Doktor, daß mir etwas
Bewegung, Laufen, Spazierengehen, Fahren, gut thun wird?"

„Ganz gewiß, wenigstens schadet es nichts."

„Essen darf ich auch, wenn der Magen Neigung hiezu zeigt?"

„Gewiß. Sie müssen sich bei Kräften erhalten, mein
lieber Herr."

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