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42 Der verhängn

„ O, sein Du barmherzig — ich bin so arme Frau —
mein Sohn hat getroffen die Gewehr und ist xlssss in der
Kopf und ich bin fort, um zu gehen, suchen ihn."

„Der wird schon verpflegt werde," schnauzte Jäkele die
Alte an, eigentlich war ihm aber ganz anders zu Muthe und
cs standen ihm die Augen voll Wasser.

Die Alte bat: „0 man oder solckut, lassen mick gehen,
mein Sohn will sterben. Du hast auch Mutter — und wirst
froh sein, wenn Du kannst sehen." —

Das wirkte auf Jäkele unwiderstehlich.

„Was willst mache," sagte er weinerlich, „es ist ein
Mütterle — da kannst nix mache."

Nun fing er an, die Alte auszuforschen, wo ihr Sohn
j liege, wo sic herkäme und verschiedenes Andere. Er bemerkte
nicht die Hast, mit welcher die Alte vorwärts zu kommen suchte
und reichte ihr mit seinem gutmüthigen Schwabenherzen sogar
einen Trunk aus der Feldflasche.

„Jetzt gehet," sagte er endlich, „wenn's wer sieht, krieg'

ich Spektakel."

Die Alte hinkte freundlich dankend weiter; aber kaum
einige Schritte gegangen, siel sie hin. Jäkele war sogleich
dabei, ihr aufzuhelfen; blieb aber ebenso schnell mit einem
langen Gesichte stehen. Die Alte hatte sich im Gesträuche ver-

wickelt und der durch den Fall nufgeschobcne Rock zeigte ein
Paar Franzosenhosen deutlich beim Schein der Laterne.

„Halt!" ries Jäkele, „so ist die Geschicht!? Rühr' Dich
nit oder ich schieß Dir gleich mein Kugele durch und durch!"

„Bote allemand“, knirschte eine rauhe Stimme und ein
Revolver blitzte in der Hand des am Boden Liegenden.

„Hast ein Rcvölvcrle auch? Gleich thu's weg !" rief Jakob,

s;volle Posten.

mit dem Gewehrkolben dem Ertappten die Waffe aus der
Hand schlagend. Der Franzose, entwaffnet, machte Miene,
aufzuspringen, aber der Schwabe warf sich auf den Spion, der
vergebliche Anstrengungen machte, sich zu befreien und bedeutete
ihm, daß er ihn sofort erschießen würde, wenn er sich rege
oder einen Laut von sich gebe. Während dem hatte er dem-
selben das Tuch vom Kopfe gezogen und band ihm die Hände
damit, was bei der Gegenwehr des Gefangenen nicht so leicht
war, denn immer suchte derselbe seinen Revolver zu erlangen
und setzte Jäkele mit den Beinen verzweifelt zu, bis es diesem
gelang, mit dem Taschcntuche auch die Beine des Gegners
festzubinden. Nun war dem Schwaben etwas besser zu Muthe.
„Wart — lachte er — hast 'glaubt, Du kannst ein' Schwabe

zum Narre halte — da bist z'spät aufg'stande. Das Revöl-

verle steck' ich ein. Jetzt laß' mich einmal schaue, was da
drinnen is." Er fing an, die Taschen des Gebundenen zu !
durchsuchen. „Ah so, ein Paar Briefle hast Du da? für Dein
Buben gewiß? Na, wart', der Herr Hauptmann wcrd's schon!
lesen — und eine Landkarte hast auch? Was braucht ein alt's !
Mütterle eine Landkarte. Hast noch was Verdächtig's? He?" !
Jäkele steckte die gefundenen Gegenstände zu sich und zog den >

Spion mit dem Kopfe auf einen erhöhteren Punkt, um ihm j

eine bequemere Lage zu verschaffen.

„Jetzt kann ich Dir nit helfe," sprach er, „mußt schon >
da liege bleibe, bis Ablösung kommt, denn ich kann nit weg- >
laufe da, es muß doch der rechte Posten sein und der Herr!
Korporal hat sich halt in die zwei Tannebäumle g'irrt." Dieses
Abenteuer hatte Jäkele ermuntert und er trabte nun wacker,
Gewehr in Arm, auf und ab, seinen Gefangenen nicht aus
den Augen lassend und auf Ablösung harrend.

„Gehorsamst zu melden, daß der Posten Nr. 3 an der
zerstörten Waldschenke zu den „zwei Tannen" nicht besetzt ist,"
rapportirte gegen Mitternacht der mit der Ronde zurückkehrende j
Lieutenant.

„Was — heilig Donnerwetter!" fluchte der Hauptmann,
„der Posten leer?"

„Unbesetzt", wiederholte der Lieutenant.

„Sogleich den Corporal Halbmeier!"

„Gehorsamst zu befehlen!"

Der verlangte Corporal trat vor.

„Wo zu allen Teufeln haben Sie die Schildwache Nr. 3
hincommandirt?"

„Zu den „zwei Tannen", gehorsamst zu melden."

„Ter Posten ist leer! Ist er aufgehoben worden? Gleich
eine Streifpatrouille aufstcllcn, Herr Lieutenant, die Gegend
rekognosciren. Verdammte Geschichte", brummte der Haupt^
mann, „gerade der Posten ist der wichtige — dort soll der
Spion, der, wie die Meldung cinlief, heute gesehen wurde.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der verhängnißvolle Posten"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Verkleidung
Verkleidung <Motiv>
Franzosen
Nacht <Motiv>
Gewehr
Soldat
Wald
Deutsch-Französischer Krieg <1870-1871>
Ältere Frau <Motiv>
Karikatur
Laterne <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 54.1871, Nr. 1334, S. 42
 
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