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Ein guter Tag.

des Schullehrers zu schlagen und ihm zu Füßen befindliches
Heu zuzuschieben.

Rasch ging's der Stadt zu und vor das Gasthaus zur
Krone. Ter dicke Kronenwirth kam heraus und half dem Be-
zirksamtmann aus dem Schlitlen und da er sich einmal zur
Hilfeleistung bemüht, auch dem Schullehrer.

Dankend wollte dieser sich entfernen, aber der Bezirksamt-
mann sagte: „Nun, Herr Lehrer! Sie fahren doch mit mir
zurück! Stellen Sie sich nur um ein Uhr ein!" Er verrichtete
also inzwischen seine Geschäfte, trank im Stern ein Paar Glas
Bier, zu welchen er eine von Hause mitgebrachte geräucherte
Wurst, ein Theil von der „Metzelsuppe" des Schafbaucrn, ver-
zehrte und freute sich gleich dem Jean Paul'schen Schnlmcisterlein
Wutz von Auenthal im Geiste schon auf sein warmes Abend-
essen, das ihm sein Weib verabredeter Weise in das „Röhr"
stellen werde. In allen seinen Sachen pünktlich, stellte er sich
Schlag ein Uhr in der Krone ein in der Meinung, den Schlitten
schon angespannt vor der Thüre zu treffen. Er fand dies nicht,
aber seinen Bezirksamtmann im „Kabinct" sitzend und vor ihm
einen Tisch mit zwei Gedecken, vor deren einem Platz zu nehmen
er sogleich anfgcfordert ward. Nnn, denkt er, einmal werd'
ich's aushalten können und erinnerte sich ivehmüthig an sein
schwindsüchtiges Porlemonnaie. Daß er schon gegessen und zwar
nur eine kalte Wurst, wollte er um so weniger sagen, als er
die Kraft und den Willen in sich verspürte, der rühmlich be-
kannten Küche der Kronenwirthin alle Gerechtigkeit widerfahren
zu lassen. Wohlthätig erwärmte ihn die kräftige Suppe von
innen heraus, das Rindfleisch sammt Gemüse und Auflage fan-
den seinen Magen gut vorbereitet und als der saftige Braten
ein gutes Theil seines Daseins abgelasscn hatte, beredete ihn
der Bezirksamtmann, der Freude daran zu finden schien, daß
der Schullehrer ihn im gesegneten Appetit noch überbot, zu noch
einem Stück, das er ihm eigenhändig abgeschnitten, aber der
Schullehrer mußte mit einer Art Wchmuth auf halbem Wege
stehen bleiben und erklären, nicht Alles mehr in seinem Magen

unterbringen zu können. Wie gern hätte er's seiner !
Nanni und seinen Kindern daheim vergönnt! Aber noch
einmal that sich die Küchenthüre auf und herein im gra-
vitätischen Schritt die Posthalterin tritt mit einer Platte
Fische und hinter ihr her die Gehilfin am Herd, mit
einer duftenden verzierten Torte. Auf die anfängliche
Weigerung des Schullehrers, etwas zu nehmen, rief der !
Bezirksamtmann: „Ei, was, Herr Schullehrer, in unseren !
Mägen mag es gehen wie in der Stephanskirche zu Wien. |
Wenn da alle Räume und Gänge voll sind und es heißt
auf einmal: der Kaiser kommt! da wird's rasch noch j
Platz. Diesem Meisterstück der Kronenwirthin wird schon !
Platz gemacht werden."

Endlich kam noch Dessert und siehe da! der an-
geblich ganz gesättigte Schullehrer that auch in diesem
Stücke annähernd seine Schuldigkeit, so daß der immer !
munterer werdende Bezirksamtmann lachend ausrief:

„Aber na! Herr Schullehrer! Sie sagten doch i

vorhin, Ihr Magen sei ganz geschlossen und es dürfe nichts
mehr hinein?"

„Wohl! Herr Bezirksamtmann," entgcgnete der Schul-
lehrer, welche» der genossene Wein auch gesprächiger und zu-
thunlicher machte, „wohl ist und bleibt mein Magen geschlossen,
aber diese Dingerchen gingen noch durch das Schlüsselloch."

Man lachte, plauderte, trank. Später kamen noch einige
Beamte der Stadt dazu. Auch der Cantor, ein alter, beson-
ders noch wegen seiner wissenschaftlichen Leistungen in der Ento-
mologie verehrter Mann, der sich nicht wenig wunderte, seinen
befreundeten Kollegen vom Lande unter den Beamten zu treffen,
einen Saul unter den Propheten. Man war zusammen heiter
und vergnügt. Die Lichter waren aber schon lange aufgezün-
dct, als eingespannt wurde.

Mittlerweile hatte der Schullehrer den Kronenwirth allein
ausgesucht und nach seiner Schuldigkeit gefragt in der Voraus- j
setzung, daß sein Kassabestand zur Bezahlung seiner Zeche un-
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein guter Tag"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

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Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Gastwirt
Tisch
Speise <Motiv>
Unmäßigkeit
Beamter
Karikatur
Lehrer
Winter
Pferdeschlitten
Gaststätte
Satirische Zeitschrift

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Künstler/Urheber (GND)
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Creditline
Fliegende Blätter, 54.1871, Nr. 1335, S. 50
 
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