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Reichthum ist keine Schande, oder Stadt und Land.

Eintretenden freundlich entgegen, „nehmen Sie neben mir Platz
auf diesem Sopha, das mich an 580 Thaler kostet. Also, Sie

preußische Thaler, sage Einmalhundertachtzig Tausend Thaler
und 5 österreichische Gulden, alles in Banknoten, lagen fried-
lich beisammen, ha, rief die knurrende Magenftimme in seinem
Innern, wie viel Haufen von Magenschwarten, Schweinsripp-
chen nebst obligaten Schoppen Malzextrakt wären für diese
Staatsphotographieen zu bekommen. Nein, rief sein innerer
Rechtsconsulent, nimm keinen Kupferdreier von diesen Papieren,
gewiß hat ein armes Dienstmädchen mit dieser Brieftasche ihre
ganzen Ersparnisse verloren. Aber, ließ sich der wohlbekannte
Knurrerer vernehmen, wenn du schon ehrlich sein willst, mache
doch Anspruch auf die gesetzlichen 10 Procent Finderlohn. —
„Pfui," rief Hugo mit lauter Stimme, „pfui! ich mich be-
lohnen, mir etwas schenken lassen! Nein, lieber betteln gehen,
als ein Almosen nehme». Banknoten sind nur Chimäre! Pa-
piererischer Dämon, ich lege dich dahin, von wo ich dich ge-
nommen habe, und wenn es andere ehrliche Menschen ebenso
machen, so wird das arme „Mädchen für Alles" bald wieder
in den Besitz ihres Verlustes gelangen."

Drittes Kapitel.

Der viermillionärige Bankier Commerzienrath v. Echten-
gold war dick, sehr dick und saß in einem weiten Fauteuil und
rauchte eine feine Havanna, ü 29 Silbergroschen, (und warum
! sollte er eine schlechtere Sorte rauchen?) und sah etwas ernst
drein. „Der Herr vacirende Schreibergehilfe Hugo wünscht
i Euer Gnaden zu sprechen," meldete ein mit Gold bespickter
Livreebcdienter, „er kommt, die Hand eines von den gnädigen
■ Fräuleins zu verlangen, welches er leidenschaftlich liebt," fügte
der Belivreete bei. — „Er soll mir sehr willkommen sein,"
i sagte, schwerfällig von seinem Sitze aufschnellend, der Dicke.
„Seien Sie mir herzlich gegrüßt, geehrter Herr," rief er dem

lieben leidenschaftlich eine von meinen Töchtern, wie viel Ver- j
mögen besitzen Sic?" — „Ich dank' der Nachfrage," antwortete
Hugo sich verbeugend, „heute morgen besaß ich noch 1t/„ Silbcr-
groschen, da ich aber von dieser Summe 6 Pfennige für Cigarren
verausgabt habe — " — „So bleibt Ihnen noch ein Silber- !
groschen, das ist noch viel zu viel für einen Schivicgersohu, wie
ich ihn wünsche. Bitte, geben Sic den noch besitzenden Geld-
betrag dem ersten besten Armen, der Ihnen begegnet. Ich muß
Ihnen offen gestehen," fügte er hinzu, „daß ich mit meinen
Töchtern ein riesiges Pech habe. Es ist wahr, sie sind alle drei
sehr schön, sehr gebildet, sehr brav und bekommen, ä Tochter,
eine Million Mitgift, aber bis noch vor Ihrem gütigen An-
träge befürchtete ich, daß sie mir alle drei sitzen bleiben wür-
den. Freilich — Bankiers, Rentiers und dergleichen Gesindel
melden sich genug, aber ich sehe mit Verachtung auf sie herab.
Ein Dorfschulgehilf', ein Postassistent oder ein Schrcibergehilfe
wie Sie, besonders in vacirendcm Zustande — sehen Sie, mein
Lieber, das sind die Ideale, wie mir meine Schwiegersöhne
vorschweben, die ich aber leider nie erreichen kann." — „Haben
Sie es noch nicht mit dem Annonciren versucht?" fragte Hugo. 1
— „O, mein Freund, was fragen Sie da? Meine armen
Töchter kommen ja gar nicht aus dem Annonciren heraus, es
wundert mich nur, daß sie nicht Kopfschmerzen davon bekommen.
Zwar," setzte er fort und ein schwerer Seufzer entstieg seinem
Busen, „hatte in Folge meines anhaltenden Töchtcr-Einrückens
in den Blättern ein Zcitungs-Notizensammler sich gemeldet, ein
Schwiegersohn, wie er nicht comme il fauterer sein konnte;
denn er hatte kein Hemd zum Wechseln und nur einen weißen
Sommcranzug. Wenn er nun geputzt sein wollte, so legte er
sich im ganzen Anzug in eine Wanne mit Seifcnwasscr, wälzte
sich darin eine Viertelstunde herum, ebenso lange auf einem
mit einem weißen Leintuch belegten Erdboden, so daß er im
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Reichthum ist keine Schande, oder Stadt und Land"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1871
Entstehungsdatum (normiert)
1866 - 1876
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Schwiegersohn
Heiratsantrag
Geldbörse
Armut
Karikatur
Reichtum
Tochter
Vater <Motiv>
Zigarettenspitze
Finderlohn
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 54.1871, Nr. 1338, S. 74
 
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