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Reichthum ist keine Schande, oder Stadt und Land.

austausch, er mit einer tüchtigen Fliegenklatsche, sie mit einem
ansehnlichen feuchten Haderlumpen bekräftigten. Sie waren in
ihrer interessanten Kammervcrhandlung so vertieft, daß sic das

Eintreten dreier Töchter sammt ihrem dicken Vater überhörten,
und erst, als der Letztere Herrn Pipwamperer mit dem Finger-
knöchel aus den Rücken klopfte, rief er ein erschrockenes „Herein!"
— „Entschuldigen Sie, meine Herrschaften," sagte darauf der
Bankier, (denn daß es der Bankier v. Echtengold ist, haben
die scharfsinnigen Leser gewiß schon errathen) „haben Sie nicht
einen Sohn, Namens Hugo?" — „Das ist noch ein größerer
Lump als sein Vater," antwortete, sich anmuthig mit dem
Haderlumpen verneigend, Madame Pipwamperer. — „Das ist
wahr," ries ihr Gemahl, ..ich Hab' nur einen Sohn, aber der
ist schon der miserabelste Nixnutz. Ich gab' mein ganzes Weib

darum, könnt' ich den Tiutenpatzer gehörig schopfbeuteln! Der !
Name Hutschel war ihm nit schön genug, Hugo laßt er sich
schimpfen. Wart', ich werd' Dich hugoen!" — „Ich wünsch'
nur," rief ihrerseits das anmuthige Weib, mit ihrem niedlichen
Elephantenfüßchcn auf den Boden stampfend, „ich wünscht' nur,
daß ich ihn jetzt unter die Hand hält'; mit dem nassen Hader- !
lumpen da wollt' ich ihm sein Kalbsgesicht reiben." — „Ta
bin ich ja — theuerste Mutter — theuerster Vater," rief Hugo
plötzlich hereinstürzend, vom Alten, der seine zugesagte Schopf-
beutelei in Ausführung bringen wollte, sich schnell gegen seine
zärtliche Mama stürzend, welche jedoch ihre feuchte Waffe, die
sie nur selten aus der Hand legte, in Bereitschaft hielt. —
„Gnädigste Frau," sagte der Bankier, fich artig vor der Dame
des Hauses verneigend und ihre Hand trotz des Fetzens ehr-
erbietig küssend, „Madame, haben Sie den Homer in der Ur-
sprache gelesen?" — „Nein," antwortete die Gefragte, tief er-
röthend. — „Ich auch nicht," sagte der Bankier aus Galan-
terie ebenfalls crröthend, „aber das thut nichts. Ich bin der
viermilliouärige Baron v Echtcngold und verlange Ihren lieben ;
Hugo als Ehemann — meiner Tochter Linda. Nicht wahr,
meine Tochter?" — „O doppelt ja, lieber Papa. Nicht weil ;
Hugo häßlich, sondern weil er arm ist, liebe ich ihn. O wie ;
schön muß cs sein, arm zu sein! Freilich, ohne einem gewissen ,
Vermögen wäre die Armuth ohne Reiz; denn wenn man arm i
ist, will man doch zur Entschädigung Vergnügungen, wie Con-
certe, Bälle u. dergl. mitmachen und die Logenplätze im Theater
sind auch ziemlich kostspielig — dazu braucht man Geld. O,
mein Papa, bitte doch den Papa und die Mama meines Hugo, z
daß sie zu uns in die Stadt ziehen!" — „Ja, das ist ein
herrlicher Gedanke," rief der Dicke entzückt, „Ihr geht mit uns
i» die Residenz, wir wollen nichts als geräuschvolle Vergnüg-
ungen mitmachen und so ein stilles häusliches Leben führen."
Der alte Pipwamperer aber sah seinen Sohn vorwurfsvoll au
und sagte: „So weit, geliebter Sohn und Taugenichts, ist es
mit Dir gekommen, daß Du eines vierfachen Millionärs Tochter
heirathen willst? Wärst Du zu Haus beim Geschäft Deines
Vaters geblieben, so wärst Du jetzt unter'm Vieh bekannt und
respektirt." Und gegen deck Bankier gewendet, nahm der wür-
dige Alte eine Sokratcsmiene an und sprach: „Ich halte nicht
viel auf Reichthum. Euer Geld kann Euch in einer Nacht ge-
stohlen werden; aber meine Armuth und meine Schulden kann
mir Niemand stehlen, die bleiben mein Eigenthum. Und übrigens,"
fuhr der geistvolle Redner fort, „ich stehe mich jährlich auf
7 Thaler 14 Groschen und 11 Pfennige Lohn, daneben aber
kriege ich da ein Bissel Sauerkraut — da ein Bissel Rüben.
Wenn aber die Bauern wissen, daß ich ein reicher Mann bin,
dann geben sie nix mehr und ich kann dann verhungern." —
„Was gäbe das für einen hcrrlicheck Börsenmann," rief der
Baron, den Redner verwuudcrungsvoll betrachtend, „ich bitte
Euch mit emporgehobenen Händen, zieht mit uns in die Resi-
denz, wir machen dann unsere Börsengeschäfte in Compagnie
unter der Firma: v. Echtengold und Pipwamperer, der letztere
Name muß einen besonders schönen Klang in der Finanzwelt
geben." — „Klang her, Klang hin," erwiderte der liebens- i
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Reichthum ist keine Schande, oder Stadt und Land"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsdatum
um 1871
Entstehungsdatum (normiert)
1866 - 1876
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Sohn
Ehefrau <Motiv>
Haus
Mutter
Vater
Enttäuschung
Heiratsantrag
Armut
Bauer
Karikatur
Reichtum
Ehemann <Motiv>
Dorf
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 54.1871, Nr. 1339, S. 82
 
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