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Die braune Burgei.

Er blieb stehen und horchte.

Es war nichts. Nur der Regen raschelte durch die Traufe
mit wechselndem Geräusche. Dennoch wollte er umkehren, eine
unheimliche Ahnung trieb ihn dazu, den langen Weg wieder
zurück zu gehen, um nicht an dem Hause vorbei zu müssen. Aber
er schämte sich dieses unklaren Gefühls und setzte seinen Weg
fort. Ohne seinen Blick vom Wege abzuwenden, kam er an dem
Hause vorbei, aus dessen Fenster ein Lichtstrahl auf ihn herausfiel.

Es war ihm, als griffe eine feurige Hand nach ihm.

In diesem Augenblicke drang aus dem Innern des Hauses
abermals ein herzzerreißender Jammerschrei zu ihm.

Das Blut stockte in Mathies' Adern.

Er wollte stiehen, aber seine Glieder waren wie gebannt.

Er kämpfte mit sich und ohne cs recht zu wollen, wandte
er sein Gesicht nach dem Fenster, aus dem der Lichtstrahl und
der Jammerruf kam. Wie der Schein der im Zimmer flackern-
den Kerze ihn beschien, sah das Gesicht des Mathies gespenster-
haft bleich aus.

Was er in dem Zimmer sah, hatte ihm sein ganzes Blut
nach dem Herzen gedrängt.'

Da lag Toni auf dem Boden. Hannes hatte ihre auf-
gelösten Haare mit der einen Hand erfaßt, während er mit der
andern einen schweren Stock über die Unglückliche schwang!

Wimmernd krümmte sich das Weib unter dem rohen Angriffe.

Mathies, der dieses schreckliche Bild vor sich sah, war es,
j als müßte sich ihm das Gehirn aus dem Kopfe drängen!

Er hielt den Athem an sich und rang nach Fassung.

Da fiel der Stock mit Wucht ans das arme Weib nieder.

Ein dumpfer Schrei folgte.

Mathies wußte nicht, was er that. Mit der Faust schlug
er wüthend in's Fenster, daß die Scheibensplitter in die Stube
flogen. Hannes sah hinaus, ohne von seinem unglückseligen
Weibe zu lassen.

„Oho! Mein Wächter!" schrie er Mathies zu, den er so-
gleich erkannte. „Willst Du mich zur Rechenschaft ziehen, Du . ."

Dabei versetzte er der Toni, die sich vom Boden aufraffen
wollte, einen neuen Schlag und riß sie an den Haaren abermals
nieder. Im nächsten Augenblicke war Mathies durch's Fenster
eingesprungen. „Laß sie los!" schrie er dem Unmenschen zu.

„Und jetzt schlag' ich sie erst recht!" schäumte Hannes,
„denn ich bin der Herr hier! . . ."

Ehe er aber noch seine Hand erheben konnte, war Mathies
; auf ihn los gestürzt mit dem Rufe: „So stirb. Du Hund!"

„Jesus, Maria!" rief Hannes und sank rücklings um,
wobei ein Blutstrom aus seiner Brust quoll. Er war von einem
Messerstich in's Herz getroffen, der in wenigen Minuten seinen
j Lebeusfaden für immer abgeschuitten hatte. . . .

Jndeß vermochte es Burgci in ihrer Stube vor sich stei-
gernder Unruhe nicht mehr auszuhalten.

„Was habe ich denn nur gerade heute?" fragte sie sich
i selbst und hüllte sich fest in ein dickes Wolltuch, denn Ficber-
kälte durchrieselte ihren Körper.

Sie trat in die Thüre des Häuschens, in dem sie wohnte.

Dunkel breitete sich vor ihren Augen aus, aber es war
ihr, als sähe sie mitten im Schwarz der einbrechcnden Nacht
rothe Flecken, wie wenn die Abendsonne durchstreifte.

Sie wischte sich die Augen, aber als sie wieder hinaus- !
starrte, waren die rothen Flecken wieder da.

„Es sieht wie — Blut aus!" stammelte sie und faltete
die Hände wie zum Gebete.

Da nahten Schritte. Sic kamen näher und näher. Er ist cs!

„Wie er sich beeilt! Er weiß, wie ich leide! der Gute."

Da fühlt sic seinen Hauch.

„Gottlob!" lispelt sie und stürzt sich an seine Brust.

Mathies, denn er war es, zog sie jedoch rasch in die Stube,
deren Thüre er hinter sich verschloß.

Sie sah seine Hände. Was ist das? Sie waren blutig!
Burgei wischte sich die Augen.

„Muß ich denn immer roth sehen!" murmelte sie, und als
sie wieder auf Mathies Hände blickte, sah sie immer wieder,
daß sie blutig seien. Sie waren es auch.

„Burgei!" sprach sie Mathies, nachdem er Athem gefunden
hatte, leise an. „Burgei, ein großes Unglück ist geschehen!.."

„Wem? . . . Dir?"

„Mir, und darum — Dir!" und Mathies bedeckte sein
Gesicht mit den blutigen Händen.

„Blut!" schrie Burgei auf.

„Was hast Du gethan?" vermochte sie kaum hervorzu-
bringen, und sank auf ihr Bett.

„Ich habe den Hannes erstochen!" sagte Mathies dumpf
aber deutlich.

Starr blickte Bürge! nach ihm. In Kürze erzählte er den
! Hergang der Sache.

Verzweiflungsvoll rang Burgci die Hände.

„Das hilft nichts!" murmelte Mathies. „Die Sache
ist geschehen. Der böse Feind hat's gewollt. Nun habe ich
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die braune Burgei"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Watter, Joseph
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Affekt
Verzweiflung
Mord <Motiv>
Karikatur
Tod
Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Alle Rechte vorbehalten - Freier Zugang
Creditline
Fliegende Blätter, 54.1871, Nr. 1345, S. 130
 
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