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Die Gartenkunst — 9.1907

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Bernhard, Otto: Gärtner oder Künstler: Unmaßgebliche Meinungen eines Laien
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https://doi.org/10.11588/diglit.22777#0075

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Gärtner sich außerstande zeigte, dem bei einem Teil der einige Gedanken unterbreiten möchte, die, da ich selbst

Nation hervortretenden Bedürfnis nach ästhetischer Garten- Laie bin, natürlich nur den Wert von unmaßgeblichen An-

kültur zu geniigen, und der „Konsument", um den wirt- regungen haben können.

schaftlichen Ausdruck in dieser wirtschaftlichen Deduktion Ich möchte da zunächst bemerken, daß ich im fol-

zu gebrauchen, sich daher nach einem anderen umsah, genden nur die großen Aufgaben, wie städtische Anlagen,

der ihm das liefern konnte, was er wollte. Der Künstler städtische oder herrschaftliche Parks usw. im Auge habe,

benutzte die Konjunktur und sprang in die Lücke. Er Es ist meines Erachtens eine Überspannung des Bogens,

allein konnte es ja auch. Die Gartenkunst war eben seit wenn man heutzutage jedem einfachen Bürger, der hinter

der Mitte des 19. Jahrhunderts aus Gründen, die wissen- seinem alten, gemütlichen Häuschen ein ebenso gemütliches

schaftlich noch nicht klar erforscht sind, in eine Er- Gärtchen hat, mit Gewalt eine neue Kunst aufzwingen

Ohr. 0. Berz Stuttgart, Entwurf zu einem Plaus- und Obstgarten (Schaubild).

schlaffung geraten, sie hatte den Zusammenhang mit der will. Der Mann will ja. gar kein großes Kunstwerk,
Tradition verloren und war daher immer mehr in sich sondern er will nur nahe an seinem eigenen Leben ein
selbst' zerfallen und zerbröckelt, genau so wie alle anderen Stück Natur haben, das er hegen und pflegen und an
Zweige der angewandten Kunst, die Möbelkunst, die Archi- dessen Wachstum und Gedeihen er sich nach des Tages
tektur usw. mehr oder weniger auch. Deshalb, wegen des Last abends die Seele laben kann. Das Wenige von Kunst-
im Vergleich zu früheren, historischen Perioden der Garten- was da vonnöten, dafür sorgt er schon selbst, sofern ihm
kunst tiefen Standes der Gartenkultur, ist ein Eingreifen überhaupt ein Sinn für das Schöne gegeben ist. Was er
von Seiten der Künstler augenblicklich bis zu einem ge- braucht, ist also lediglich ein tüchtiger Gärtner, kein
wissen Grad gerechtfertigt. Nur ist dabei zu beachten, Gartenkünstler. Etwas anderes aber ist es mit den großen
daß wir hiermit der Bewegung von oben nach unten nur gärtnerischen Aufgaben, die in unseren modernen Groß-
ais vorübergehendes Stadium und nur zu dem Zwecke das stächen zu lösen sind. Da werfen die oft sehr über
Wort reden, eine hoffentlich recht kräftige Bewegung von schätzten sogenannten „Verkehrsbedürfnisse" dem städt-
unten nach oben anzuregen. Die Künstler sollen uns nur ischen Gartendirektor nicht selten Petzen Erde von so
helfen, einen Stamm von künstlerisch gebildeten und emp- verzweifelt ungeeigneter Gestalt zur gärtnerischen Aus-
flndenden Gärtnern heranzuziehen. Und damit komme ich schmückung hin, daß es meines Erachtens schon eines
auf die Frage der Vorbildung des Gartenkünstlers, über sehr begabten und sehr umfassend gebildeten Mannes be-
die ich den fachmännischen Lesern dieser Zeitschrift darf, um gegenüber diesen zum großen Teil ganz neuer»
 
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