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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (III. Teil, Band 2): Die germanischen und slawischen Länder: West-, Mittel-, Ost- und Norddeutschland, England, Irland, Schweden,Norwegen, Dänemark, Russland, Polen, Litauen — Leipzig, 1934

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https://doi.org/10.11588/diglit.13168#0152

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Stettin

Häuser (verbum domini manet in aeternum (Sachsen), Pro lege et Grege • W(ie) G(ott)
W(ill), (Pommern).

Die typische Brüsseler Hohlkehlen-Früchte-Blumen-Gewinde-Bordüre faßt den Teppich
an den Schmalseiten. Die Gesichtszüge der dargestellten Personen verraten unzweideutig
Porträtähnlichkeit im Sinne der Schule Granachs. Ob Stettiner Kartonmaler oder, was wahr-
scheinlicher sein dürfte, sächsische Patronenzeichner die Durcharbeitung und Übertragung
in Naturgröße übernahmen, steht dahin47).

Rein technisch läßt sich folgendes feststellen: Das Wirkverfahren zeigt noch voll und
ganz Brüsseler Gepräge, die Zuweisung weiterer Behänge an Peter Heyman ist schon aus
diesem Grunde sehr erschwert. Das Können des Meisters steht auf guter Durchschnittshöhe;
stellenweise ist die Erfassung der Gesichter und der reichen Brokatgewänder erstklassig
zu nennen. Peter Heyman arbeitet noch 1566/67 im Dienste der pommerschen Herzöge48).
Leider äußern sich die Rechnungsbelege nur in den seltensten Fällen über die von ihm
durchgeführten Arbeiten. Ein einziger Vermerk (1566/1567) spricht von den von Meister
Peter Heyman „dem Teppichmacher zu Alten Stettin" gelieferten „Eseldecken" (Wappen-
wirkereien) , für die er eine Abschlagszahlung von 39 Talern erhält. Ob der „Tappetmacher"
Simon von Kalleberge, der 1566 im Stettiner Bürgerbuch erscheint, Peter Heyman ablöst,
oder eine selbständige zweite Werkstatt begründet, bleibt vorerst noch ungeklärt.

Einen gewissen Rückschluß über die von Peter Heyman in Stettin erzeugten Bildwirke-
reien gewähren die verschiedenen Nachlaßinventare. Von besonderer Bedeutung sind die
Wolgaster Aufstellungen vom 26. Februar 1560 und vom März 159349). Außer der „Taufe
Christi mit den sechsischen und pomerischen auch der Gelarten Conterfei zu Stettin ge-
macht", dem uns bereits bekannten Croy-Teppich, kommen für die Werkstätte Heymans
mit Sicherheit in Betracht:
„Acht Stücke zu Stettin gemacht.

Rückentücher mit der Ritterschaft Wappen dieser Landschaft".
Zweifelhaft sind:

Nr. 13. „Zwei wilde Männer halten das pommerische Wappen, umher polnisch, sechsisch,
pfalzgrefisch Wappen (nach der Aufstellung von 1593 mit Gold durchwirkt).
Nr. 15. ein klein kurz Rücklaken, darauf polnisch und pommerisch Wappen.
Nr. 23. Ein lang Rückstück in der Mitte m. gn. H. von Pommern Wappen.
Nr. 25. Ein Rückenstück, darin ein Greif."

Ob die berühmte „Peregrinatio domini Bugslai zum heiligen Lande", der Zug Herzog
Bogislavs X. nach Jerusalem (1498) und der Kampf mit einer türkischen Galeere — der
Karton „ein groß Gemälde, druf die Historie wie Herzog Bugislaf sich aufm Meer mit den
Türken geschlagen" hing noch 1593 „in dem Gewölbe gegen die Wasserkunst aufm alten
Hause" — und ein nicht minder merkwürdiger Teppich, „Der große Fisch bei der Eldena
gefangen", in einer früheren Stettiner Manufaktur, in Torgau oder in den Niederlanden
aufs Gezeug gelegt worden sind, läßt sich heute nicht mehr entscheiden.

Gegenüber dem Inventar von 1560 enthält die Aufstellung von 1593 nur geringen Zu-
wachs. Möglicherweise ist der „gewirkt Teppich mit 4 Greifen und dem Rautenkranz drin
Herzog Ernst Ludwigs Conterfei und J • F • G 16 Ahnen" in Stettin in der Werkstatt eines
Nachfolgers Heymans entstanden.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts scheint der Wirkerbetrieb in Stettin endgültig erloschen
zu sein. Das Wolgaster Inventar vom 12. Juni 160450) zählt im wesentlichen die bereits
bekannten Behänge auf, zum Schluß werden „Noch vier neue Stück, so von Hamburg
kommen sollen" erwähnt. Eigenartig ist der „Teppich mit den Krauttöpfen" (wohl ein
Brüsseler Pergolabehang mit Blumentöpfen). Die Wallfahrt Herzog Bogislavs X. findet sich
wieder in der Nachlaßaufstellung Johann Friedrichs (1600) neben einem „Stuck, darin

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