122 Dentſchlands Kunſtſchaͤtze.
Geſundheit, laßt die Kunſt hoch leben; aber Du, Fraͤnz, ſorge, daß Du richt, wie gewöhnlich, des
Guten zu viel thuſt!“
Mieris blickte faſt finſter vor ſich hin. Metzu aber ſchien etwas erleichtert. Frau Brigitta
ward von ihrem Gatten heute Abend bewacht und er gab ſich das Verſprechen, Franz van Mieris
auf keine Secunde zu verlaſſen und ſeine ganze Beredſamkeit aufzuwenden, um ihn von ſeinem
Vorhaben abzubkingen und ihm andere Gedanken einzuflößen.
Die Schüler ſchüttelten Dow's Hand, verſchlangen ihre Arme und gingen aus dem Atelier
und zum Hauſe hinaus auf die Straße. Als ſie draußen waren, blickte Mieris zum erſten Stock-
werk hinauf. Brigittens ſchöner Kopf ward ſichtbar. Mieris legte mit einem ſprechenden Blicke
die Hand auf's Herz und dann an ſeinen Degen und flüſterte:
„Dieſes Schwert findet den Weg durch meine Bruſt, wenn Du grauſam gegen mich
ſein wirſt!“
Brigitta ſchien die Bewegung vollkommen verſtanden zu haben; denn ſie erhob beide Hände
und eilte vom Fenſter fort.
Zetzt nahm ſich Metzu ein Herz und begann dem Freunde Vorſtellungen zu machen. Aber
Mieris, im erſten Augenblicke ſehr betroffen, war viel zu gewandt, als daß er den grundehrlichen,
gutmüthigen Gabriel nicht überliſtet hätte.
„Du haſt gelauſcht“, ſagte er, mit ſeinem gewöhnlichen leichtſinnigen, faſt leichtfertigen Tone.
„Was willſt Du? Biſt Du einfältig, Gabriel? Kennſt Du Franz van Mieris nicht, der mit dem
Teufel Komödie ſpielen würde, wenn er Langeweile empfindet? Ich verſichere Dich, dieſe Komödie
mit Frau Brigitta iſt eine koſtbare Erfindung von mir; ich wäre ſonſt in dem Kloſter des Meiſter
Dow, in dieſen geleckten, geſchniegelten Räumen ſchon lange vor Ueberdruß geftorben .
„Du fühlteſt alfo nicht, wie Du ſpracheſt?“ fragte Metzu, der nicht zu wiſſen ſchien, was er
denken ſollte.
„Gott behüte mich! Außerdem weißt Du ja, Gabriel, habe ich — in der ſchwarzäugigen
Barbara eine Geliebte, die mein ganzes Herz erfüllt.“
„Aber Frau Brigitta? Franz, es iſt ſehr unverantwortlich, die Ruhe dieſer zien Dame zu
ſtören.“
Mieris lachte hell auf.
„Ei, ſie meint's ſo wenig ernſtlich, als ich! rief er. „Aber auch ſie, die, während wir Beiden
und der Meiſter pinſeln, mutterſeelenallein in ihrem Stübchen ſitzen und mit ihrem Papagei ſpielen
muß, bedarf irgend einer Zerſtreuung. Du wirſt geſtehen, heute Abend wäre unſere Unterhaltung
faſt pikant geworden.“
Metzu zuckte die Achſeln. Er war richtig irre geworden.
„Du denkſt alſo nicht daran, mit Frau Brigitta nach Italien * entfliehen?“ fragte er, um
ſich vollſtändig zu überzeugen.
„Warum nicht gar!“ antwortete Mieris. „Wir werden — Abend zechen, ſpielen und ſingen.
Gottlob, daß wir den Hafen unſeres Gaſthauſes „Zur bunten Palette“ erreicht * Jetzt fühle
ich mich wieder in meinem Elemente.“
Wirklich machte Mieris keine Anſtalt, * aus dem Kreiſe der lebensluſtigen Freunde, welcher
die beiden Maler aufnahm, zu entfernen. Metzu ward ſicher, die Becher kreiſten und bald hatte
* *
Geſundheit, laßt die Kunſt hoch leben; aber Du, Fraͤnz, ſorge, daß Du richt, wie gewöhnlich, des
Guten zu viel thuſt!“
Mieris blickte faſt finſter vor ſich hin. Metzu aber ſchien etwas erleichtert. Frau Brigitta
ward von ihrem Gatten heute Abend bewacht und er gab ſich das Verſprechen, Franz van Mieris
auf keine Secunde zu verlaſſen und ſeine ganze Beredſamkeit aufzuwenden, um ihn von ſeinem
Vorhaben abzubkingen und ihm andere Gedanken einzuflößen.
Die Schüler ſchüttelten Dow's Hand, verſchlangen ihre Arme und gingen aus dem Atelier
und zum Hauſe hinaus auf die Straße. Als ſie draußen waren, blickte Mieris zum erſten Stock-
werk hinauf. Brigittens ſchöner Kopf ward ſichtbar. Mieris legte mit einem ſprechenden Blicke
die Hand auf's Herz und dann an ſeinen Degen und flüſterte:
„Dieſes Schwert findet den Weg durch meine Bruſt, wenn Du grauſam gegen mich
ſein wirſt!“
Brigitta ſchien die Bewegung vollkommen verſtanden zu haben; denn ſie erhob beide Hände
und eilte vom Fenſter fort.
Zetzt nahm ſich Metzu ein Herz und begann dem Freunde Vorſtellungen zu machen. Aber
Mieris, im erſten Augenblicke ſehr betroffen, war viel zu gewandt, als daß er den grundehrlichen,
gutmüthigen Gabriel nicht überliſtet hätte.
„Du haſt gelauſcht“, ſagte er, mit ſeinem gewöhnlichen leichtſinnigen, faſt leichtfertigen Tone.
„Was willſt Du? Biſt Du einfältig, Gabriel? Kennſt Du Franz van Mieris nicht, der mit dem
Teufel Komödie ſpielen würde, wenn er Langeweile empfindet? Ich verſichere Dich, dieſe Komödie
mit Frau Brigitta iſt eine koſtbare Erfindung von mir; ich wäre ſonſt in dem Kloſter des Meiſter
Dow, in dieſen geleckten, geſchniegelten Räumen ſchon lange vor Ueberdruß geftorben .
„Du fühlteſt alfo nicht, wie Du ſpracheſt?“ fragte Metzu, der nicht zu wiſſen ſchien, was er
denken ſollte.
„Gott behüte mich! Außerdem weißt Du ja, Gabriel, habe ich — in der ſchwarzäugigen
Barbara eine Geliebte, die mein ganzes Herz erfüllt.“
„Aber Frau Brigitta? Franz, es iſt ſehr unverantwortlich, die Ruhe dieſer zien Dame zu
ſtören.“
Mieris lachte hell auf.
„Ei, ſie meint's ſo wenig ernſtlich, als ich! rief er. „Aber auch ſie, die, während wir Beiden
und der Meiſter pinſeln, mutterſeelenallein in ihrem Stübchen ſitzen und mit ihrem Papagei ſpielen
muß, bedarf irgend einer Zerſtreuung. Du wirſt geſtehen, heute Abend wäre unſere Unterhaltung
faſt pikant geworden.“
Metzu zuckte die Achſeln. Er war richtig irre geworden.
„Du denkſt alſo nicht daran, mit Frau Brigitta nach Italien * entfliehen?“ fragte er, um
ſich vollſtändig zu überzeugen.
„Warum nicht gar!“ antwortete Mieris. „Wir werden — Abend zechen, ſpielen und ſingen.
Gottlob, daß wir den Hafen unſeres Gaſthauſes „Zur bunten Palette“ erreicht * Jetzt fühle
ich mich wieder in meinem Elemente.“
Wirklich machte Mieris keine Anſtalt, * aus dem Kreiſe der lebensluſtigen Freunde, welcher
die beiden Maler aufnahm, zu entfernen. Metzu ward ſicher, die Becher kreiſten und bald hatte
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