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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 1) — Leipzig: Verlag von A. H. Payne, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.62315#0202
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124 ‚ Deutſchlands Kunſtſchätze.

Jetzt machte der Künſtler einen melodiereichen Uebergang, und einfach und groß, und dennoch
die heitere, gemeſſene Freude auf liebliche Art ausdrückend, erklang einer der Tänze der Nieder-
lande.

Es war ein Menuet . .. es war daſſelbe, welches Dow mit Brigitta am Tage ſeiner Ver-
mählung getanzt hatte . .. /

Brigitta war gerettet ... Ihr Traum verſchwand vor dieſer ebenſo zauberifchen als heiligen
Erinnerung. Sie dachte nicht mehr an Franz van Mieris ... Die Treue und nicht die ſtrafbare

Leidenſchaft feierte einen ihrer ſchönſten Triumphe. Brigitta 2 unfähig ſich
auszudrücken, nach dem Fenſter, wo ſich zeigte, und ſtammelte:

„Mein Hochzeits-NMenuet : . -

Dann eilte ſie mit aller — deren ſie fähig war, dem Hauſe zu, lief in ihr
Zimmer und ſchloß, erſchüttert wie nie, den geliebten Meiſter in ihre Arme.

Franz van Mieris ſtand da wie eine Bildſäule und erwachte erſt dann aus ſeiner — ung,
als Gabriel Metzu heran kam und ihn umarmte.

„Es iſt Alles verloren!“ murmelte Mieris düſter, indeß er jetzt offen dem Freunde beichtete.

„Nein, Alles gewonnen!“ jubelte Gabriel, den Freund liebkoſend. „Einen glücklichern Tag
als den heutigen ſah ich noch nie. Brigitta iſt ihrem Herrn, unſerm braven Meiſter erhalten und
Du, ein braver Junge ungeachtet Deines Leichtſinns, wirſt Deine Empfindungen zu beſiegen wiſſen;
gieb mir die Hand darauf, Freund!“

„Hier!“ ſagte Mieris, indeß er ſich wieder ermannte. — zum Zeichen, daß auch ich über
mein Herz, das unbändige D 5 Herr bin, wenn ich es ſein will, komm; wir wollen unſerm Meiſter
dieſe Nacht verherrlichen.

Beide gingen zur 2 Palette“, holten die beriefen ein Dutzend Muſiker und
zogen vereint mit dieſen, große Fackeln und Laternen in den Händen, in Gerard Dow's Garten.

Und nun begann ein Muſiciren, ein Jubeln unter den Fenſtern des gerührten Malers, daß
die ganze Nachbarſchaft lebendig wurde, auf die Straßen kam und in die allgemeine Freude
einſtimmte.

Brigitta aber beichtete getreulich ihrem Gatten. Seit dieſer Zeit gewann die bisher ſchon
{o theure Amati-Geige in ſeinen Augen einen unſchätzbaren Werth und nur mit Rührung ergriff
er ſie, um ihr die ſüßen Töne zu entlocken, welche ſie in ſich barg, und als er bald darauf ſein
eignes Bildniß malte, ſtellte er ſich mit ſeiner geliebten Geige in dem Augenblicke dar, in welchem
er durch ihre Macht ſeinen höchſten Schatz wieder eroberte.
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