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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Oth.]; Meyer, Bruno [Oth.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 1) — Leipzig: Verlag von A. H. Payne, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.62315#0242
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158 Dentſchlands Kunſtſchötze.

Viola, die alle Männerherzen Bezaubernde, war die Königin des Feſtes. Nur wenige Glück-
liche aber genoſſen die Gunſt, die Römerin zum Tanz zu führen. Sie zog ſich bald von der
rauſchenden Luſt zurück, um mit ebenſo vieler Würde als Grazie in den 6 die
Pflichten der Dame vom Hauſe zu übernehmen.

Nicht wenige der niederländiſchen und fremden Cavaliere wurden dadurch bewogen, ebenfalls
den Tanz aufzugeben und ſich in die Spielzimmer zu begeben, um den Anblick dieſer Schweſter der
Huldgöttin länger zu genießen.

Sie rangirten ſich um die Tiſche und begannen ihre Unterhaltung. Unter ihnen zeichneten
ſich, was die Schönheit ihrer Erſcheinung, und — die Glut der Blicke betraf, die ſich auf Signora
Viola warfen, beſonders zwei aus.

Der erſte war der Edeljunker Geraart van Sluits, ein Niederländer, Lieutenant von der
Marine. Der andere, Quentin de 4 ein Franzoſe, Lieutenant von den Mousquetaires
ſeines Königs.

Geraart van Sluits war zweiundzwanzig Jahre alt und etwa acht Jahre jünger als der
Chevalier de Chavigny. Er war hoch gewachſen, hatte kaum eine ſchwache Schattirung auf der
Oberlippe, und trug die herrlichſten hellbräunlichen Locken, die man ſich einbilden kann. Sein
Geſicht zeigte etwas Schwärmeriſches, was den Ausdruck deſſelben höchſt intereſſant machte.

Der Franzoſe dagegen war unterſetzt, breitſchulterig, ſchwarzbärtig, mit kurzgeſchornem Haar,
braunem Geſicht und mit kühnblitzenden Nachtaugen. Er war übrigens zierlich gewachſen; der
beſte Tänzer, aber auch einer der gewandteſten, nnerſchrockenſten Fechter, die es geben konnte.

Jeder dieſer Männer war in ſeiner Art vollendet. Es kam auf das Gemüth und den Ge-
ſchmack des Beurtheilers an, welchen man vorziehen wollte; indeß dies aber geſchah, konnte man
dennoch nicht umhin, den andern ausgezeichnet zu finden.

Dieſe beiden Menſchen waren, obgleich ſie ſich nie beleidigten, ſeit ſie Viola del Monte geſehen
hatten, Todfeinde. Zeder ſah die Leidenſchaft des andern und es ſtellte ſich bald als gewiß heraus,
daß die Italienerin, falls ihr Herz gerührt werden könne, nur unter ihnen wählen würde. Die
Waage ſchwankte; endlich aber neigte ſie ſich zu Gunſten des weichen und doch heldenmüthigen
Niederländers . . . ihm war von der herrlichen Fremden ein Lächeln jener Art geworden, das man
„Lacheln des 4 nennt. Chavigny wüthete. Aber noch glaubte er nichts ſicher entſchieden.
Alles ſollte heute Abend beendigt werden. Geraart Sluits und Quintin Chavigny, Beide durch
denſelben Wunſch beſeelt, dem Gegenſtande ihrer Anbetung ſo nahe als möglich zu ſein, hatten ſich
an den Tiſch geſetzt, welcher dem geöffneten Zimmer, wo ſich die älteren Notabilitäten befanden, am
nächſten war. Einige andere Herren nahmen ebenfalls Platz, legten Karten auf und das Spiel
begann. Es war das alte Landsknechts-Spiel. Der Zufall wollte, daß van Sluits die Bank
erhielt. Chavigny ſchien ſelbſt hier ſeinem bittern Groll gegen ſeinen Nebenbuhler Luft machen
zu wollen; denn er machte ſo große Sätze, daß ſich mehrere Zuſchauer neugierig um den Tiſch
verſammelten.

Aber der Chevalier war auch hier unglücklich. Geraart zog ſeine Goldhaufen ein, bis
der Mousquetaire erklärte: er beſitze hier keine baare Münze, und verlange auf's Wort zu ſpielen.
Geraart geſtand dies zu, und der Franzoſe verlor abermals mehre Tauſende von Gulden.

Chavigny erhob ſich. — In dieſem Augenblicke machte man drüben im Saale mit Tanzen
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