18 Künfler-Biographien.
1640, ſtarb er. Die Trauer war groß und allgemein. Er wurde zunächſt in der Familiengruft
ſeiner Gattin in der Kirche St. Jacques beigeſetzt, und erſt nach zwei Jahren fanden ſeine Gebeine
ihre definitive Ruheſtätte in einer Kapelle hinter dem Hochaltar der genannten Kirche. Auf den
Altar ſtiftete die Wittwe eines ſeiner Bilder, das nicht ſchöner für dieſen Zweck ausgewählt ſein
konnte: die Jungfrau mit dem Kinde von Heiligen verehrt, unter denen der h. Georg, wie häufig,
Rubens' eigene ſchöne Züge trägt. Das Bild iſt von einer ſchmelzenden Stimmung und von
wahrhaft leuchtender, elektriſirender Gluth der Farbe. — Erſt hundert Jahre ſpäter ſetzten ihm
ſeine Nachkommen die von ſeinem Freunde Gevaerts verfaßte nach der Sitte der Zeit etwas
pathetiſche und umſtändliche lateiniſche Grabſchrift, an der jetzt kein noch ſo flüchtiger Beſucher
einen Augenblick ſinnend zu verweilen verſäumt: — „Es kann die Spur von ſolchen Erdentagen
nicht in Aeonen untergehn.“
Dem Teſtamente zufolge wurden alle nachgelaſſenen Kunſtwerke verkauft, und ergaben bei der
ſtarken Nachfrage nach einem Andenken an den großen Mann und der lebhaften Concurrenz der
höchſten Machthaber die anſehnliche Summe von 280,000 Gulden. — Helene Fourment vermählte
ſich ſpäter zum zweiten Male mit einem Grafen Bergeyck. — Von Rubens' Nachkommenſchaft
hat ſich Niemand beſonders hervorgethan. Der Sprößling aus weiblichem Stamm, der pietät-
voll die Verſäumniß der vorangegangenen Generationen ausgleichend die Grabinſchrift ausführen
ließ, legitimirte ſich über ſeine Berechtigung in einem Zuſatz mit dem Hinweiſe darauf, daß der
Rubens'ſche Mannsſtamm inzwiſchen bereits erloſchen ſei. Solche Geiſter wie Rubens ſind incom-
menſurable Größen in dem armen Erdenleben, und ſie erzeugen nicht nach dem Geſetze gewöhnlicher
Fortpflanzung ihres Gleichen. Es iſt, wie wenn das geiſtige Leben ſich bei ihnen ganz in ſich zuſam-
menſchlöſſe, und dem ſterblichen, leiblichen Menſchen keinen Theil an ſich vergönnte. Sie con-
centriren in ſich die Capacität einer ganzen Epoche, und verbrauchen in ihrem unvergänglichen
Thun die ganze ſchöpferiſche Kraft, mit der ſie ausgerüſtet ſind, — „und Aurora berührt ſie mit
den ewigen Strahlen als die ragenden Gipfel der Welt.“ B. M.
1640, ſtarb er. Die Trauer war groß und allgemein. Er wurde zunächſt in der Familiengruft
ſeiner Gattin in der Kirche St. Jacques beigeſetzt, und erſt nach zwei Jahren fanden ſeine Gebeine
ihre definitive Ruheſtätte in einer Kapelle hinter dem Hochaltar der genannten Kirche. Auf den
Altar ſtiftete die Wittwe eines ſeiner Bilder, das nicht ſchöner für dieſen Zweck ausgewählt ſein
konnte: die Jungfrau mit dem Kinde von Heiligen verehrt, unter denen der h. Georg, wie häufig,
Rubens' eigene ſchöne Züge trägt. Das Bild iſt von einer ſchmelzenden Stimmung und von
wahrhaft leuchtender, elektriſirender Gluth der Farbe. — Erſt hundert Jahre ſpäter ſetzten ihm
ſeine Nachkommen die von ſeinem Freunde Gevaerts verfaßte nach der Sitte der Zeit etwas
pathetiſche und umſtändliche lateiniſche Grabſchrift, an der jetzt kein noch ſo flüchtiger Beſucher
einen Augenblick ſinnend zu verweilen verſäumt: — „Es kann die Spur von ſolchen Erdentagen
nicht in Aeonen untergehn.“
Dem Teſtamente zufolge wurden alle nachgelaſſenen Kunſtwerke verkauft, und ergaben bei der
ſtarken Nachfrage nach einem Andenken an den großen Mann und der lebhaften Concurrenz der
höchſten Machthaber die anſehnliche Summe von 280,000 Gulden. — Helene Fourment vermählte
ſich ſpäter zum zweiten Male mit einem Grafen Bergeyck. — Von Rubens' Nachkommenſchaft
hat ſich Niemand beſonders hervorgethan. Der Sprößling aus weiblichem Stamm, der pietät-
voll die Verſäumniß der vorangegangenen Generationen ausgleichend die Grabinſchrift ausführen
ließ, legitimirte ſich über ſeine Berechtigung in einem Zuſatz mit dem Hinweiſe darauf, daß der
Rubens'ſche Mannsſtamm inzwiſchen bereits erloſchen ſei. Solche Geiſter wie Rubens ſind incom-
menſurable Größen in dem armen Erdenleben, und ſie erzeugen nicht nach dem Geſetze gewöhnlicher
Fortpflanzung ihres Gleichen. Es iſt, wie wenn das geiſtige Leben ſich bei ihnen ganz in ſich zuſam-
menſchlöſſe, und dem ſterblichen, leiblichen Menſchen keinen Theil an ſich vergönnte. Sie con-
centriren in ſich die Capacität einer ganzen Epoche, und verbrauchen in ihrem unvergänglichen
Thun die ganze ſchöpferiſche Kraft, mit der ſie ausgerüſtet ſind, — „und Aurora berührt ſie mit
den ewigen Strahlen als die ragenden Gipfel der Welt.“ B. M.