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Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 1) — Leipzig: Verlag von A. H. Payne, 1871

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https://doi.org/10.11588/diglit.62315#0334
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24 Künſtler· Jiographien.

früher für den berühmten Maler gehalten, war ein jüngerer — gegen die gewöhnliche Sitte
der Zeit gleichnamiger — Bruder unſeres Meiſters.

Seine künſtleriſche Ausbildung ſuchte er in Brüſſel bei einem Sohne des bekannten jüngern
Michael van Coxcyen, den dieſer in dankbarer Verehrung ſeines unſterblichen Meiſters mit
Vornamen Raphael genannt hatte. Auch Ida van Haſſelt wird mit de Eraeher's Kunſt-
ſtudien in Verbindung gebracht. Er übertraf bald ſeine Lehrmeiſter bei Weitem, und zahlreiche
Aufträge zeugten von der Achtung, in der ſein Talent ſtand. Die Kirchen und Klöſter von Brüſſel
und Umgegend enthalten noch heute zahlreiche Schöpfungen ſeines Pinſels.

Noch in Brüſſel wohnhaft verheirathete er ſich in der Kathedrale von Antwerpen am 17. Fe-
bruar 1613 mit Katrijn Janſſens. Da er ſich jedoch in einer Hofbedienſtung — als
Bogenſchütze der Nobelgarde — nicht wohl und in ſeiner künſtleriſchen Thätigkeit beſchränkt fühlte,
ſo entſagte er dieſer Stellung und ſiedelte nach Gent über, um ausſchließlich ſeiner Kunſt zu leben.
Die Stadt beſitzt noch eine große Zahl ſeiner Werke, darunter die Perlen ſeines Schaffens. Ueber-
haupt kann man den großartigen Meiſter nur in Belgien kennen lernen, da keine deutſche Galerie
Bilder von ihm aufweiſt, in denen man ihn in ſeinem Glanze ſieht. Das Bedeutendſte wohl, was
Deutſchland von ihm beſitzt, iſt eine Madonna mit dem Kinde auf dem Arm, von Heiligen verehrt,
unten mit den Bildniſſen des Malers und ſeiner Familie, vom Jahre 1646, in der Pinakothek
zu München.

Der Cardinal Infant Ferdinand wußte ihn an ſich zu feſſeln. Craeyer hatte ein
Meiſterſtück decorativer Malerei für einen Triumphbogen bei dem feierlichen Einzuge des Fürſten
geliefert, welches noch im Muſeum der Akademie zu Gent aufbewahrt wird. — Rubens und van
Dyck rechneten es ſich zur Ehre, ihm eng und innig befreundet zu ſein. Rubens hatte die auf-
richtigſte und neidloſe Schätzung für ſein großes Talent. Einſt ſoll er vor einem Bilde des
Freundes lange Zeit ſtumm geſtanden haben und dann in die Worte ausgebrochen ſein: „Craeyer,
Craeher, Das wird Niemand übertreffen.“ Selbſt in ſeinem Teſtament bedachte er ihn, und ließ
ihm eines ſeiner eigenen Gemälde, den h. Benedict darſtellend, zum Andenken überreichen. — Van
Dyck malte ſein Portrait, das mehrfach geſtochen iſt.

De Craeyer erreichte, wie ſchon bemerkt, ein ſehr hohes, durch ungeſchwächte Schaffenskraft
beglücktes Alter. Er ſtarb in großem Anſehen zu Gent am 27. Januar 1669 und wurde in der
Kapelle der h. Roſa in der Dominicanerkirche beſtattet.

Große Lebendigkeit der Compoſition, kühne Sicherheit der Zeichnung, packende Kraft des
Ausdrucks, eine ungeſtüme und virtuoſe Breite der Pinſelführung und leuchtende Gluth der Farbe
zeichnet ſeine Bilder, die meiſt religiöſe Gegenſtände darſtellen und für Altäre beſtimmt waren, in
hohem Grade aus. Steht er dem Rubens an Phantaſie und Vielſeitigkeit nach, ſo übertrifft er
ihn an Milde und Liebenswürdigkeit der Empfindung und an zartem Schönheitsſinn. Er gehört
zu jenen hervorragenden Erſcheinungen, die durch Zufälligkeiten auf einen eng gezogenen localen
Kreis beſchränkt nicht entfernt im Verhältniß zu ihrem Werthe geſchätzt werden. B. M.
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