Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Görling, Adolph; Woltmann, Alfred [Bearb.]; Meyer, Bruno [Bearb.]
Deutschlands Kunstschätze: eine Sammlung der hervorragendsten Bilder der Berliner, Dresdner, Münchner, Wiener, Casseler und Braunschweiger Galerien : eine Reihe von Porträts der bedeutendsten Meister (Band 1) — Leipzig: Verlag von A. H. Payne, 1871

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.62315#0358
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
38 Künſtler· Jiographien.

digungen der älteren Biographen, beſonders des gewiſſenloſen und verleumderiſchen Arnold Hou-
braken, der ihn einen Trunkenbold ſchilt, vertheidigt worden, wie die meiſten anderen niederlän-
diſchen Maler, deren guter Ruf dieſem profeſſionirten Läſtermaul zum Opfer gefallen iſt. In
dieſem Falle aber ſcheint der Eifer der Ehrenretter doch nicht ſo ganz angebracht zu ſein. Denn
ſei es, daß häusliches Kreuz, ſei es, daß äußerliche Bedrängniß ihn beim Becher Troſt ſuchen ließ,
gewiß iſt, daß aus dem Jahre 1616 ein Actenſtück exiſtirt, in welchem Frans Hals, von ſeiner
Gattin verklagt, das Verſprechen giebt, von ſeiner Trunkſucht und ſeinen daraus folgenden böſen
Launen zu laſſen. Zu ſeiner Ehre aber ſcheint allerdings anzunehmen, daß er ebenſo charakterfeſt
und worttreu wie talentvoll war; denn nicht nur der Mangel an ſpäter wiederkehrenden ähnlichen
Klagen, ſondern auch das ihm in der Folgezeit bewieſene Vertrauen rechtfertigt die Annahme, daß
er ſein gegebenes Verſprechen getreulich gehalten, und daß ſeine joviale Laune und ſein liebens-
würdiger Charakter, Eigenſchaften, von denen andere ebenſo glaubwürdige Zeugniſſe zu berichten
wiſſen, und die uns auch aus ſeiner Erſcheinung und ſeiner Kunſt entgegen leuchten, über ſeine
vielleicht durch vorübergehende Umſtände hervorgerufene Leidenſchaft den Sieg davon getragen haben.

Und auch dazu dürften wiederum die Umſtände mitgeholfen haben. Gegen Ende des Zahres
1616 ſtarb ſeine erſte Frau, Anneke Hermans, und ſchon am 12. September des folgenden
Jahres 1617 vermählte ſich der Meiſter zum zweiten Male mit Lijsbet Reyniers von Haerlem,
und über das Gefühl des Glückes, mit dem ihn dieſe neue Verbindung erfüllte, hat er ſelbſt ein
unverwerfliches Zeugniß abgelegt in dem lebensgroßen Doppelbilde von ſeiner Hand im Muſeum
zu Amſterdam, welches reizend lebendig und gemüthlich das junge Paar in trauter Gemeinſchaft
uns in einer Landſchaft vorführt. Dieſer neuen Ehe entſproſſen fünf Kinder.

Es wird erzählt, daß van Dyck den Meiſter ſehr geſchätzt habe, was dem feinen Verſtändniß
jenes großen Künſtlers ganz gemäß iſt. Er ſoll deshalb auch den Wunſch gehabt haben, von Frans
Hals gemalt zu werden, und zu dieſem Zwecke bei ſeiner zweiten Reiſe nach England (1632) den
Weg über Haerlem genommen haben. Unter dem Vorwande eilig zu ſein, trieb er Hals zu ſchneller
Arbeit, der das Bild nach zwei Stunden zur größten Zufriedenheit des Dargeſtellten auch beendet
hatte. Van Dyck äußerte nun ſeinerſeits den Wunſch, das Bildniß des Hals zu malen, und entle-
digte ſich dieſer Arbeit in einer halben Stunde (?!). Als Hals das Bild erblickte, fiel er dem
Maler um den Hals, in dem er an ſeiner Behandlung den berühmten van Dyck erkannt hatte.
Dieſer verſuchte den Haerlemer Meiſter zu bewegen, ihn nach England zu begleiten. Der ächte
Holländer zog jedoch die heimiſche Scholle bei ſeinen Lieben der glänzendſten Ausſicht in fremdem
Lande vor. Ob er es wohl nicht ſpäter bereut hat? Urſache hatte er dazu.

Ueber die weiteren Lebensſchickſale des Meiſters herrſcht wiederum Dunkel, das ſich nur noch
einmal, gegen das Ende ſeiner irdiſchen Pilgerſchaft, in ſehr unerfreulicher Weiſe aufhellt. Es iſt
ſchon erwähnt, daß ſeine Zeit den großen Künſtler nicht zu begreifen vermochte; daß er alſo geringen
Ruhm hatte und keine Schätze ſammeln konnte, wie Rubens, oder wie ſo mancher andere Künſtler,
der gar nicht werth iſt mit ihm zuſammen genannt zu werden, läßt ſich einſehen; aber es will
Einem nicht zu Sinne, daß ein Mann, der mit ſo bravem Fleiße bis in ſein hohes Alter
arbeitete, wie das die große Anzahl der noch erhaltenen Bilder beweiſt, ſeine letzten Tage in der
äußerſten Dürftigkeit hinbringen und öffentliche Unterſtützungen nachſuchen mußte. Mit einer
Art von Ingrimm gegen die Ungerechtigkeit des Schickſals und die Verkehrtheit der Menſchen lieſt
Bildbeschreibung
Für diese Seite sind hier keine Informationen vorhanden.

Spalte temporär ausblenden
 
Annotationen