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Nr. 46

HEIDELBERGER

1844,

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

F. Keller: Bauriss des Klosters Sl, Gallen von 820.
(Beschluss.)
In die nächste Zeit vor den wirklichen Anfang des Baues,
wo man von Seiten des Abts (Gozbert’s) gewiss reiflich das grosse
Unternehmen, dass man beabsichtigte, überlegte, darum auch wohl
von allen Seiten her Erkundigungen einzog, Bauplane und Risse
sich fertigen liess, um dann eine entsprechende und zweckmässige
Wahl zu treffen, fällt der hier bekannt gemachte Plan, der noch
heutigen Tags unter den Seltenheiten des ehemaligen Klosters St.
Gallen in der bekanntlich auch an andern seltenen Handschriften
so reichen Bibliothek aufbewahrt wird; er ist auf ein Pergament,
das aus vier zusammengenäheten Häuten besteht, von 3% Fuss
Länge und 2y2 Breite gezeichnet, und zwar in rotben Strichen
und Linieu, während mit schwarzer Dinte schriftlich beigefügt ist
die Bestimmung eines jeden Theils dieses grossen Risses, der
nicht blos die Kirche mit ihren Zubehörden, die Wohnungen der
Mönche, die Schul- und Bibliothekzimmer und dergleichen, sondern
auch die übrigen damit in Verbindung stehenden, zur Aufnahme
der Fremden, zur Pflege der Kranken u. s. w. bestimmten Bau-
lichkeiten, die verschiedenen Hofräume, die Ställe für das Vieh
und die dazu gehörigen Wohnungen der WTärter, die Speicher,
die Mühlen, die verschiedenen Gärten, den Begräbnissplatz etc.
in sich schliesst, und so in seinen zahlreichen von einander ge-
trennten Abtheilungen der (meist einstöckigen) Gebäude und Wohn-
stätten das Bild einer regelmässigen Anlage eines kleinen Städt-
chens oder Ortes darzustellen scheint. Der Umstand, dass sich
auf dem Plane selbst die Bestimmung jedes einzelnen Theiles an-
gemerkt fiudet, gibt diesem merkwürdigen Rest des Alterthums
allerdings noch eine besondere Bedeutung, und bringt uns damit
Aufschlüsse, die uns erst zu einer klaren Anschauung des Gan
zen verhelfen. Leider bat der Riss etwas gelitten und einige,
jedoch im Ganzen nicht sehr erhebliche Beschädigungen erlitten,
XXX.VII. Jahrg. 5.^Doppelheft 46
 
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