Nr. 54.
HEIDELBERGER
1844.
JAHRBÜCHER DER LITERATER.
Cicero3s Rede für Roscins von Osenbrüggen.
(Beschluss.)
Die Lesart liesse sich nnr so erklären, dass man haeo als
Subject und alles Uebrige als Prädikat fasste, gegen welche Auf-
fassung der Begriff von attentus hinlänglich zu sprechen scheint.
Noch wahrscheinlicher jedoch als Garatoni’s Conjectur scheint dem
Rec. eine Verbesserung 0. M. Müller’s, der in der Schulzeit.
1830. p. 731. vorschlng: tamenne haec attenta vita a te rusticana
relegatio ... appellabitur? Ueber attentus vergl. Horat. Epist. I.,
7, 91. Durus, ait, Voltei, nimis attentusque videris, wo ebenfalls
von dem Leben eines Oekonomen die Rede ist. — Ueber den merk-
würdigen Ausdruck §. 70. prudentissima civitas Atheniensium, dum
ea rerura potita est, fuisse traditur, hätten wir von Herrn
Os. um so mehr Auskunft gewünscht, als die Stelle unseres Wis-
sens und Urtheils gewöhnlich falsch erklärt wird. Es sagen näm-
lich die deutschen Uebersetzer: der Athenische Staat, so lange
er Macht besass, etc.; allein aus Cic. ep. ad Div. V., 17, 3.
(ut cogitares et in nostra eivitate et in ceteris, quae rerum
potitae sunt, multis fortissimis atque optimis viris injustis ju-
diciis tales Casus incidisse) erhellt zur Genüge, dass der nicht zu
Tage liegende Sinn der Worte ist: Die Bürgergemeinde der Athe-
ner, so lange sie im Besitze der Herrschaft gewesen ist, d. h. so
lange zu Athen die Demokratie ihren Bestand gehabt hat. — C.
28., 76. Litteras, credo, misit alicui sicario, qui Romae noverat
neminem. Arcessivit aliquem. Quem aut quando? Nuntium mi-
sit. Quem aut ad quem? Pretio gratia, spe promissis induxit ali-
quem? Nihil horum ne confingi quidem potest etc. Hier schrieb
Herr Os. richtig aus Priscian quem aut quando? wie zuerst Werns-
dorf im Naumburger Programm 1823. 4. p. 26. gezeigt hat; aber
wir können nicht billigen, dass er mit Orelli nach induxit ali-
quem ein Fragezeichen setzte, wodurch die Gleichmässigkeit der
Glieder geslört erscheint. Richtiger werden die Worte dem An-
,XX\V11. Jahrg. 6. Doppelheft. 54
HEIDELBERGER
1844.
JAHRBÜCHER DER LITERATER.
Cicero3s Rede für Roscins von Osenbrüggen.
(Beschluss.)
Die Lesart liesse sich nnr so erklären, dass man haeo als
Subject und alles Uebrige als Prädikat fasste, gegen welche Auf-
fassung der Begriff von attentus hinlänglich zu sprechen scheint.
Noch wahrscheinlicher jedoch als Garatoni’s Conjectur scheint dem
Rec. eine Verbesserung 0. M. Müller’s, der in der Schulzeit.
1830. p. 731. vorschlng: tamenne haec attenta vita a te rusticana
relegatio ... appellabitur? Ueber attentus vergl. Horat. Epist. I.,
7, 91. Durus, ait, Voltei, nimis attentusque videris, wo ebenfalls
von dem Leben eines Oekonomen die Rede ist. — Ueber den merk-
würdigen Ausdruck §. 70. prudentissima civitas Atheniensium, dum
ea rerura potita est, fuisse traditur, hätten wir von Herrn
Os. um so mehr Auskunft gewünscht, als die Stelle unseres Wis-
sens und Urtheils gewöhnlich falsch erklärt wird. Es sagen näm-
lich die deutschen Uebersetzer: der Athenische Staat, so lange
er Macht besass, etc.; allein aus Cic. ep. ad Div. V., 17, 3.
(ut cogitares et in nostra eivitate et in ceteris, quae rerum
potitae sunt, multis fortissimis atque optimis viris injustis ju-
diciis tales Casus incidisse) erhellt zur Genüge, dass der nicht zu
Tage liegende Sinn der Worte ist: Die Bürgergemeinde der Athe-
ner, so lange sie im Besitze der Herrschaft gewesen ist, d. h. so
lange zu Athen die Demokratie ihren Bestand gehabt hat. — C.
28., 76. Litteras, credo, misit alicui sicario, qui Romae noverat
neminem. Arcessivit aliquem. Quem aut quando? Nuntium mi-
sit. Quem aut ad quem? Pretio gratia, spe promissis induxit ali-
quem? Nihil horum ne confingi quidem potest etc. Hier schrieb
Herr Os. richtig aus Priscian quem aut quando? wie zuerst Werns-
dorf im Naumburger Programm 1823. 4. p. 26. gezeigt hat; aber
wir können nicht billigen, dass er mit Orelli nach induxit ali-
quem ein Fragezeichen setzte, wodurch die Gleichmässigkeit der
Glieder geslört erscheint. Richtiger werden die Worte dem An-
,XX\V11. Jahrg. 6. Doppelheft. 54