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Nr. 33.

HEIDELBERGER

1846.


Syrische <3e$i©litee

(Schluss.)
„Tasso kam also nach Ferrara zurück und wurde mit aller Güte
und Geduld empfangen, aber die schwarzgallige Phantasie liess ihn alle
Handlungen falsch auslegen und alle Gesinnungen verkennen. Er entfloh
noch einmal, hielt sich in Urbino, Mantua, Turin auf, ohne Ruhe zu fin-
den , und betrieb wieder Unterhandlungen zu seiner Wiederaufnahme in
Ferrara. Der Herzog, der durch lange Erfahrung versichert seyn musste,
dass dem Tasso die Freiheit nichts helfe, und welcher fürchtete, dass
das Herumirren seinem Ruf schade und die Heilung unmöglich mache,
beschloss, ihn gegen seinen Willen zu heilen. Er liess ihm also einige
Zimmer im Hospital von Santa Anna bereiten und wollte, dass er mit
allem zur Heilung und Hebung des Uebels Nöthigen versehen sey. Aber
solche Kranke wie Tasso erzürnen sich über jeden Widerspruch. Es ist
daher nicht zu verwundern, dass diese Massregel seine Krankheit ver-
mehrte. Er sah in dem Einschluss eine Wirkung des Zorns des Herzogs,
und bestürmte ihn in Versen und Prosa und durch hohe Fürsprache um
die Freiheit; bald beklagte er sich über ihn, bald bereute er die Klagen
und fürchtete, dass der Herzog über ihn erzürnt sey; so kam er von
einer Beleidigung und von einer Reue und Unruhe zur andern. Er wurde
unfähig zu studiren und zu dichten, es schwächte sich bei ihm Gesicht
und Gedächtniss und besonders das Uriheil. Er wollte beichten, glaubte
sich verzaubert, sah Gespenster, die ihm Geld und Bücher raubten, und
war besonders in der Nacht unglücklich. Oft schien es ihm, dass selbst
die leblosen Dinge redeten.“
„Die übertriebene Thätigkeit des Geistes, die quälende Unruhe der
Seele hörte auch nach der Befreiung nicht auf, und liess ihm nirgends
lange Ruhe. Nach dem letzten starken Fieber, in welchem Tasso die
Vision der h. Maria hatte, war er entweder wirklich etwas ruhiger ge-
worden, oder der Herzog hielt seine Befreiung für seine^Herstellung für
nützlich; kurz, er übergab ihn dem Herzog von Mantua. Bald glaubte
Tasso, auch dieser kümmere sich nicht genug um ihn, und entfloh auch
XXXIX. Jahrg. 4. Doppelheft, 33
 
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