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Nr. 54.

HEIDELBERGER

1846.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Gletscher des Vernagt-Tliales.
(Schluss.)
Die Ferner-Oberflüche liess noch immer jenen hohen Grad von
Zerstückelung wahrnehmen, welche diesen Gletscher vor andern so sehr
auszeichnet. Im Frühlinge verlor die Bewegung des Rofner - Ferners
an Stärke, und im Sommer konnte man dieselbe kaum noch bemer-
ken, während der Hoch- Vernagt- Gletscher in gleichem Masse seine
Thätigkeit fortsetzte. Der Kanal, in welchem die Rofner - Ache unter
dem Eisdamm ihren Abfluss findet, wurde mehrere Male verschlossen,
und dadurch immer die Ansammlung des Wassers zum See veranlasst.
Der Abfluss erfolgte aber stets nach einigen Tagen, ohne beträchtlichen
Schaden zu verursachen. Gewöhnlich erreichte der See auch keine be-
sondere Höhe. Nur als der Lauf der Rofner - Ache in der ersten Hälfte
Novembers gehemmt wurde, und zwölf Wochen hindurch unterbrochen
blieb, bildete sich ein See, der, zunächst hinter dem Eisdamme, eine
Tiefe nahe an dreissig Klafter erlangte, und die armen Thal-Bewohner
neuerdings ängstigte. Die Entleerung erfolgte jedoch allmählig und ver-
theilte sich zwischen dem 31. Januar und 11. Februar d. J. Etwas
stürmischer war der See-Ausbruch am 6. Juli, das Wasser riss einige
Brücken fort, und zerstörte die erst gangbar gemachten Wege.
Am 7 Juli besuchten S. K. H. der Erzherzog Johann den Vernagt-
Ferner. Der erhabene Alpenkenner verweilte lange im Beschauen dieser
grossartigen, räthselhaften Erscheinung.
Nicht ohne besondere Bedeutung ist auch die Bewegung des Suld-
ner-Ferners im Vinlschgau. Das Suldenthal bricht, südlich von Stilfs,
an der Strasse über das Wormser Joch, in den Gebirgsstock des Ort-
lers ein, und endigt an den höchsten Bergspitzen Tirols, dem erwähnten
Kolosse und der Königswand, um welche ausgedehnte Gletscher abge-
lagert sind. Besonderer Erwähnung verdienen: der Hurling-Ferner an
der westlichen Thalseite, die das OrtZer-Gehänge übergiesst; der Königs-
oder Gampen-Ferner, am Firn-Gebiete zwischen dem Ortler und der
Königswand beginnend, und den höchsten Theil des Suldenthales erfül-
lend; südostwärts davon der Platten -Ferner mit den Eisbergen vom
Martell-Thale in Verbindung; endlich der Zeih-Ferner, nordöstlich im
XXXIX. Jahrg. 6. Doppelheft.
 
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