Nr. 50. HEIDELBERGER 1846.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Kurze Anzeigen.
(Schluss.)
Einzelne Abweichungen von Belang sind unter dem Texte bemerkt,
aus welchem diejenigen Legenden und Heiligengeschichten, welche später
von Andern in das Werk des Jakobus hier und dort eingefügt worden, aus-
geschieden, und mit kleinerer Schrift am Ende von S. 858 an, damit zur
Vollständigkeit des Ganzen Nichts fehle, beigefügt sind. Da diess natürlich auch
auf die Nummern Einfluss hat, welche in der neuen Ausgabe fortlaufen, so sind
die Nummern der früheren Ausgaben ebenfalls beigefügt und auf diese Weise
Nichts versäumt worden, was diesen erneuerten Abdruck in den Augen derje-
nigen empfehlen und zugleich rechtfertigen kann, welche allerdings der Mei-
nung sind, dass ein gründliches Studium des Mittelalters, wie es allein zu einer
richtigen Kenntniss und damit auch zu einer gerechten Würdigung desselben füh-
ren kann, keineswegs Schriften der Art übersehen dürfe, welche, auch wenn
sie von der Aufklärung unserer Zeit verworfen werden, doch keineswegs solche
Wirkungen gehabt haben , wie sie die jetzt bei uns an die Stelle solcher Lec-
türen des Mittelalters getretene entsittlichende Novellen- und Romanenliteratur
des Nachbarlandes immer mehr zu äussern pflegt.
Teofilo Folengo’s Mo sc da oder Mückenkrieg. Ein komisches Heldengedicht
in macaronisch-lateinischen Versen. Mil Worterklärungen und Anmerkungen
herausgegeben von F. JE. Genth e. Eisleben 1846. Verlag von Ferdinand
lituhnl. 62 S. in gr. 8.
■ rr
Wir erhalten hier eines der merkwürdigsten Eizeugnisse mittelalterlicher
Poesie, der sogenannt macaronischen, welche mit lateinischen Worten und
Versen Ausdrücke der Vulgärsprache in lateinische Formen und Endungen ge-
bracht, zu einem eigenthümlichen Gemengsel verbindet, das nach Inhalt und
Form wohl als eine Parodie der damals so blühenden und beliebten lXeu La-
teinischen Poesie gelten kann. Als ein Hauptdichler auf diesem Gebiete, ja ge-
wissermassen als Schöpfer und Erfinder dieser Dichtungsart erscheint Tciofilo
Folengo, ein Italienischer Mönch (geboren bei Mantua 1491, gestorben 11.544.),
den die übertriebene Vorliebe seiner Zeit für lateinische Poesie und eine nicht
ohne falschen Geschmack hervortretende Bewunderung der Alten, zurrä'chst
des Virgilios, auf eine solche burleske Poesie führte, in der er allercJi.’igs
unter dem angenommenen Dichter-Namen Merlinus Cocaius Namhaftes
geleistet hat, und selbst das Vorbild eines Rabelais geworden ist; denn',
er war ein Mann von Geist, der es dabei an witzigen und beissenden Aus-
fällen auf Personen, Charaktere und Zustände seiner Zeit, die allerdings
XXXIX. Jahrg. 5. Doppelheft. 50
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Kurze Anzeigen.
(Schluss.)
Einzelne Abweichungen von Belang sind unter dem Texte bemerkt,
aus welchem diejenigen Legenden und Heiligengeschichten, welche später
von Andern in das Werk des Jakobus hier und dort eingefügt worden, aus-
geschieden, und mit kleinerer Schrift am Ende von S. 858 an, damit zur
Vollständigkeit des Ganzen Nichts fehle, beigefügt sind. Da diess natürlich auch
auf die Nummern Einfluss hat, welche in der neuen Ausgabe fortlaufen, so sind
die Nummern der früheren Ausgaben ebenfalls beigefügt und auf diese Weise
Nichts versäumt worden, was diesen erneuerten Abdruck in den Augen derje-
nigen empfehlen und zugleich rechtfertigen kann, welche allerdings der Mei-
nung sind, dass ein gründliches Studium des Mittelalters, wie es allein zu einer
richtigen Kenntniss und damit auch zu einer gerechten Würdigung desselben füh-
ren kann, keineswegs Schriften der Art übersehen dürfe, welche, auch wenn
sie von der Aufklärung unserer Zeit verworfen werden, doch keineswegs solche
Wirkungen gehabt haben , wie sie die jetzt bei uns an die Stelle solcher Lec-
türen des Mittelalters getretene entsittlichende Novellen- und Romanenliteratur
des Nachbarlandes immer mehr zu äussern pflegt.
Teofilo Folengo’s Mo sc da oder Mückenkrieg. Ein komisches Heldengedicht
in macaronisch-lateinischen Versen. Mil Worterklärungen und Anmerkungen
herausgegeben von F. JE. Genth e. Eisleben 1846. Verlag von Ferdinand
lituhnl. 62 S. in gr. 8.
■ rr
Wir erhalten hier eines der merkwürdigsten Eizeugnisse mittelalterlicher
Poesie, der sogenannt macaronischen, welche mit lateinischen Worten und
Versen Ausdrücke der Vulgärsprache in lateinische Formen und Endungen ge-
bracht, zu einem eigenthümlichen Gemengsel verbindet, das nach Inhalt und
Form wohl als eine Parodie der damals so blühenden und beliebten lXeu La-
teinischen Poesie gelten kann. Als ein Hauptdichler auf diesem Gebiete, ja ge-
wissermassen als Schöpfer und Erfinder dieser Dichtungsart erscheint Tciofilo
Folengo, ein Italienischer Mönch (geboren bei Mantua 1491, gestorben 11.544.),
den die übertriebene Vorliebe seiner Zeit für lateinische Poesie und eine nicht
ohne falschen Geschmack hervortretende Bewunderung der Alten, zurrä'chst
des Virgilios, auf eine solche burleske Poesie führte, in der er allercJi.’igs
unter dem angenommenen Dichter-Namen Merlinus Cocaius Namhaftes
geleistet hat, und selbst das Vorbild eines Rabelais geworden ist; denn',
er war ein Mann von Geist, der es dabei an witzigen und beissenden Aus-
fällen auf Personen, Charaktere und Zustände seiner Zeit, die allerdings
XXXIX. Jahrg. 5. Doppelheft. 50