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Zur Schweizerischen Geschichtsliteratur.

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etwas haben will, muss man es fordern. Presentiren si einem Was, muss
inan sich nicht nicht lang weigern, es anzunehmen. Die Frau Marquise in
specie ist dem Geitz sehr ergeben, zänkisch, hochtragend, meint man
könne ihr um ihr Gelt nicht genug dienen. Je mehr man leidet und still
dazu schweigt, je gebieterischer ist sie. Man muss nicht complaisant seyn,
und mehr thun, als seines Ampts ist, in der Meinung sie zu obligiren;
denn es ist keine Erkenntlichkeit bei dergleichen Leuthen, und ziehen sie
es alsbald in eine Schuldigkeit. Je mehr man das Maul aufthut und
ihnen widerspricht, je zahmer und thätiger sie wird.“ —■
Dieser klugen Lebensregel, welche für gewisse lebendige Charaktere aller
Nationen und Zeiten passt, folgt eine eben so wahre, auf viele Frauen
wälscher und deutscher Zunge anwendbare Bemerkung übet das schöne
Geschlecht von Bordeaux.“ Die Weiber, heisst es, seind durchaus schön
genug, trinken nur Wasser, damit sie das teint weiss behalten,
leiden im H a u s eher Hunger, nur damit sie was für den Arsch
zu henken haben.“ —
In der Holländischen Lebensweise, welche der Reisende 1681
beobachten kann, fällt es auf, dass man aus Holzmangel meistens nur
kalte Speisen und täglich bei Sommer und Winter einen grossen Salat
verzehrt, nur einerlei tractirt, entweder lauter Fleisch oder lauter Fische,
meistens Bier und Brantewein trinkt, in Folge des kicken (Jokern) Bodens
nur hohen Standespersonen und Doctoribus medicinae in Karossen zu fahren
erlaubt, Kinder in kleine Karosses setzt, welche theils von den Vätern, theils
von förmlich gezäumten und aufgeputzten Geisböcken gezogen und von den
Müttern daneben mit untergestützten Armen begleitet werden. Ein ächt nieder-
ländisches Malerbild. — Ueber England, welches der mittlerweile durch
seine Schrift über die Cometen schon bekannt gewordene B ernoul li
1682 besucht, wird bemerkt, dass man in den Kirchen während der
Predigt immer baarhaupt sitzt, dass die Sammetdecke der Kanzeln die
Jesuitische Inschrift j § in Stickerei führt, dass man die Predigten ge-
wöhnlich abliest, den Altar beim Vorbeigehen durch Bücken ehrt, die
Vesper auf papistische Weise und Melodie, jedoch Englisch, singt, im
übrigen der Geistlichkeit Lebensgenuss vergönnt. „Sonnsten, heisst es, leben
die domine sehr dissolut, man wird sie in allen Coffee- und Music-Häusern
antreffen.“ fS. 144)
Der die Hälfte des Bandes einnehmende biographische Aufsatz
über den Cardinal Fäsch, dessen Vater Franz, mit der Corsikanerin
Wittwe Ramolini verheirathet, einem alten Basler Bürgergeschlecht ent-
stammte, wird ohne Zweifel viele Leser finden; denn er betrifft nicht nur
 
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