Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
832

Schlosser: Die Kirche in ihren Liedern.

der alten Kirche blieben die lateinischen Hymnen in den liturgischen Bü-
chern und in dem Brevier enthalten in fortwährendem kirchlichen Ge-
brauch; doch gerade bei uns in Deutschland wurden bei dem öffentlichen
Gottesdienste viele derselben durch neue Lieder verdrängt, so wie ja auch
die alten liturgischen Kircheugebete in den für den Gebrauch der Laien
bestimmten Gebetbüchern fast allgemein neugemachten Gebeten des näch-
sten besten Verfassers weichen mussten. Hätte man in Deutschland, wie
sonst in allen übrigen Ländern bei den Katholiken geschieht, den Gebet-
büchern fortwährend zum Inhalt die kirchliche Liturgie mit einer daneben
stehenden Uebersetzung in der Landessprache gegeben, so wäre für die
Erbauung besser gesorgt worden und die durch Alter und innern Werth
so ausgezeichneten Gebete und Gesänge der lateinischen Liturgie wären
nicht so Vielen entfremdet worden. Wenn in neuerer Zeit, wie hinsicht-
lich der Architektur, Malerei und Musik eine richtigere Würdigung der
Kunst der christlichen Vorzeit und des Mittelalters eingetreten ist, nun
auch immer mehr dasselbe in Beziehung auf das alte Kirchenlied statt-
findet, so lässt es sich nicht läugnen, dass die Katholiken in Deutschland,
welche doch die nächste Veranlassung und Verpflichtung halten, jene alten
Schätze zu bewahren und zn geniessen, die Anregung zur Rückkehr auf
den bessern Weg zu einem nicht geringen Theile ihren protestantischen
Mitchristen verdanken, und dass sich hier in manchen Kreisen ein lebhaf-
teres Interesse für jene kirchlichen Denkmäler zeigte, als unter den Mit-
gliedern der alten Kirche, so wie es denn eine häufige Erscheinung ist,
dass man den eignen, althergebrachten Besitz eines Gutes oft nicht zu
schätzen weiss, bis man von Andern darauf aufmerksam gemacht wird.
R a m b a c h1 s Anthologie christlicher Gesänge (Altona 1817) und Daniel’s
Thesaurus hymnologicus (Halis 1841) haben in dieser Beziehung ein gros-
ses Verdienst. Einer von katholischer Seite ausgehenden kleinen Sammlung
gleichen Inhalts, die zum Besten der studirenden Jugend von Kehr ein
veranstaltet wurde (Lateinische Anthologie aus den christlichen Dichtern
des Mittelalters, für Gymnasien und Lyceen. Frankfurt 1840), wäre darum
in ihrem Kreise mehr Verbreitung zu wünschen als sie gefunden zu ha-
ben scheint. Aber freilich, während der protestantische Theologe Daniel
dieses Unternehmen, wodurch die Kenntniss der Kirchenhymnen an katho-
lischen Gymnasien befördert werden soll, lobt und ihm recht herzlich ei-
nen guten Erfolg wünscht (Tom. I. Praef. p. XXIII.), weiss der Schrei-
ber dieser Zeilen aus eigener Erfahrung, dass ein Versuch für denselben
Zweck an den katholischen Gymnasien unsers badischen Heimatlandes Et-
was zu thun, bei Einigen unserer aufgeklärten Katholiken auf grosse Hin-
 
Annotationen