Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Heffter: Geschichte der lateinischen Sprache.

875

mente. Daneben hören wir die Versicherung, dass das Lateinische kein0
Mischsprache sei. „Es ist unstatthaft“, sagt er S. 45, „die spätere la-
teinische Sprache eine Mischsprache zu nennen.“ S. 47: „so ward auch
jetzt Qiacli der Vermischung der Pelasger mit den Sikulern} die Sprache
keine Mischsprache.“ Der Verf. sieht nicht, wie er mit seiner frühem Be-
hauptung in Widerspruch steht. Er meint, der grammatische Bau des
Lateinischen sei hellenisch, nur der Wortschatz enthielt die fremden Ele-
mente, aber eine Mischsprache kann überhaupt nur in dieser Weise eine
Mischsprache sein, die Flexionen einer Sprache können nicht aus mehreren
entlehnt sein. Auch das Englische, das Neu-Persische, das Pehlvi ist nur
in dieser Weise gemischt, aber desshalb sind und bleiben diese Sprachen
Mischsprachen, und auch das Lateinische wird Hr. Prof. Heffter vor die-
sem Namen nicht schützen können, wenn es wirklich auf die von ihm an-
gegebene Weise entstanden wäre. Die Verführung zu der Ansicht über
diesen Ursprung der lateinischen Sprache liegt allerdings noch immer sehr
nahe, so lange noch nicht auf dem Gebiete der politischen Geschichte
nachgewiesen ist, was sich allerdings mit aller Evidenz nachweisen lässt,
dass auch hier von einer Entstehung des lateinischen Volkes aus Pelas-
gern und Sikulern nicht die Rede sein kann, sondern dass die Latiner
eben so reinem Blute entsprossen sind, wie die Osker, Umbrer, Sabeller.
Jene Nachricht der Alten, dass Pelasger aus Epirus hierher gewandert
seien, ist so wenig geschichtliche Tradition, wie die von den Alten über
den Ursprung der lateinischen Sprache aufgestellte Ansicht; sie ist viel-
mehr ein ethnographischer Versuch, verwandte Völker in Zusammenhang
zu bringen und auf eine Einheit zu basiren. Ebenso sind die römischen
Institute, welche pelasgisch genannt werden, durchaus Eigenthun) eines
unvermischten Italischen Stammes. Sie werden auf die Pelasger zurück-
geführt, nicht weil diess historische Ueberlieferung ist, sondern um sie zu
erklären und ihren Ursprung nachzuweisen, wie auch sonst griechische
und römische Schriftsteller, anstatt in das Wesen einzudringen, alte Sit-
ten und Einrichtungen auf fremde Völker und Individuen zurückzuführen.
Die Pelasgerhypothese ist auf sprachlichem und historischem Gebiete ein
und dieselbe, sie kann eben so wenig auf jenem, wie auf diesem Gel-
tung haben.
Eben so wenig steht Hr. Prof. Heffter in seinen Ansichten über den
Charakter der alten lateinischen Sprache auf dem gegenwärtigen Stand-
punkte der Sprachwissenschaft. Er weiss nicht, oder wenn er es weiss,
so vermag er es nicht durchzuführen, dass, je älter eine Sprache ist,
sie um so unversehrter in ihrem Organismus ist, um so mehr die Diffe-
 
Annotationen