Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Nr. 35.

HEIDELBERGER

1858.

JAHRBÜCHER DER LITERATUR.

Literaturberichte aus Italien.

(Schluss.)
Ein nur in 100 Exemplaren gedrucktes Prachtwerk ist zu Venedig über
die Abstammung des Hauses Bonaparte unter folgendem Titel erschienen:
Le antichita dei Bonaparte, per Federico Stefani, con introduzione di Lu~
ciano Beretta. Venezia 1857. Tip. Cecchini. in fol.
Herr Beretta, Dr. und Professor der Rechte, und Herausgeber einer Zeit-
schrift für praktische Rechtswissenschaft, sagt: dass stets, wenn die Wellen
socialer Bewegungen am gefährlichsten schäumen, sich ein Leuchtthurm er-
hebt, der Rettung bringt. Dies war zu Ende der letzten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts Napoleon I. und in diesem Napoleon III. Dass der erste seine
Gränzen überschritt, lag sehr viel an der Schuld der Andern; Manche
haben die Abstammung der Bonaparte von den Comnenen hergeleitet, weil
mehrere der Mitglieder dieser Familie den Beinamen καλοαίρορ führten, wel-
ches im Italienischen Bonaparte heisst; andre von dem vermeintlichen Bruder
Ludwig XIV., bekannt als die eiserne Maske, da die Mutter dieses Königs
heimlich anderweit, aber nicht unbekannt, verheirathet war. Allein schon
seit dem Jahr 1100 lebten die Vorfahren der Familie Bonaparte in der Tre-
visanischen Mark. Als im Jahr 1825 der vormalige König von Holland, Louis
Bonaparte, Vater des jetzigen Kaisers, in Treviso war, legte ihm der gelehrte
Rossi die daselbst befindlichen Urkunden über seine Vorfahren vor, von denen
dieser wissenschaftliche Fürst in seinen genealogischen Anmerkungen Erwäh-
nung thut, welche er seiner Uebersetzung der Plünderung Roms (Sacco di
Roma) von Jacob Bonaparte, einem seiner Vorfahren, ins Französische bei-
fügte. Jetzt ober hat Herr Stefani, einer der reichen Venetianer, die nicht
von der Wissenschaft, sondern für dieselbe leben, unter den aus dem aufge-
hobenen Kloster S. Giorgio Maggiore gekommenen Urkunden eine vom 10. März
1123 gefunden, nach welcher sich die Spur dieser Familie bis dahin verfolgen
lässt. Schon Ludwig XVIII. pflegte Napoleon gewöhnlich Monsieur de Bona-
parte zu nennen, weil sein Vorgänger auf dem Throne wenigstens ein Edel-
mann sein musste. Da diese Trevisanische Familie Bonaparte zugleich mit
den Familien von Collalto, Carrara, Scaligeri und Este verwandt war, er-
giebt sich zugleich, dass das englische Königshaus mit dem französischen Kai-
serhause gleiche Abstammung hat; denn die Este und Welfen, die es so lange
mit dem Papste hielten, sind desselben Stammes. Herr Doctor Beretta hat in
meinem Werke zuerst die Geschichte der Trevisanischen Mark vorausgeschickt,
LI. Jahrg. Heft. 35
 
Annotationen