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Bouillier: Du principe vital.

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und geistigen Lebens bei Philosophen nachweisen will, welche un-
bezweifelt. andere Ansichten hatten. So sagt er S. 68 : „Die drei
Seelen des Plato bilden in der That nach den Theorieen und wissen-
schaftlichen Definitionen der Republik, des Kratylus und Phädon
nur eine, wenn man die dichterischen Bilder im Phädrus und
Timäus hinweglässt“. Plato ist nach dem Herrn Verf, „Animist“.
Ihm ist die Seele Grund des Körper- und Geisteslebens. Offenbar
ist aber diese Ansicht unrichtig und widerspricht dem ganzen
Systeme Plato’s. Die Seele hat nach ihm schon vor dem Körper
existirt. Sie steht zum Körper in keiner wesentlichen oder ur-
sprünglichen Beziehung. Sie ist in der Verbindung mit dem Kör-
per dem Meergott Glaukos gleich, der vor lauter Muscheln und
Meerpflanzen, die sich um ihn gelagert und an ihm angesetzt
haben, nicht mehl’ erkannt werden kann. Der Meergott ist die
Seele, das Angeschlammte die Sinnlichkeit. Es ist nur eine Ein-
artigkeit der Seele. Diese ist das vernünftige oder denkende Ele-
ment. Die wesentliche und ursprüngliche Haupttheilung der Seele
ist die Eintheilung in die vernünftige oder unsterbliche und in die
unvernünftige oder sterbliche Seele. Diese Seelen sind also wesent-
liche und im entschiedenen Gegensätze begriffene Haupttheile der
Seele und nicht etwa nur Gestalten oder Formen einer und der-
selben Seele. Dann folgt erst die Unterabtheilung der sinnlichen
Seele als des Grundes des körperlichen Lebens in den edleren
Theil, den Muth oder affectvollen Willen (ό &νμδς — τδ
δυμοειδες), Sitz der edleren Leidenschaft, und in den unedleren
Theil, den Sitz der sinnlichen Begierde und Leidenschaft (επι,&υ-
μητωδν). Gerade die von dem Herrn Verf. angeführte Republik
beweist, dass diese Unterscheidungen wirklich verschiedene Tbeile
und nicht, wie der Herr Verf. meint, nur Thätigkeitsformen der
Seele sind. Μ. vgl. de republ. IV, 436 ff. Die sinnliche Erschei-
nung steht ja nach dem Systeme Plato’s der Idee diametral gegen-
über. So muss auch die unsterbliche oder vernünftige, Ideen
habende Seele dem Körper und seinem Lebensgrunde gegenüber-
stehen. Allerdings kommt Plato bei der Annahme dieser Theilung
in Widersprüchen. Wenn die Seele an sich körperlos ist, wie die
präexistirende vernünftige oder unsterbliche Seele, so kann sie
nicht am Sinnlichen hängen. Die Seele kann unmöglich in einer
Metempsychose jenseits für ihre diesseitigen Vergehungen gestraft
werden, wenn sie ihren eigenen Körper abgelegt hat, also ihre
eigene Lust und ihren eigenen Schmerz, da diese ja nur in der
sinnlichen, nicht in der vernünftigen (denkenden) Seele liegen.
Alles Sinnliche ist zur vernünftigen Seele erst durch die Verbin-
dung mit dem Körper hinzugekommen. Wie kann es nach der
Trennung vom Körper fortdauern? Plato hat einmal diese Lehre.
Wir dürfen ihm keine andere, wie den Animismus, unterschieben.
Auch bei Aristoteles lässt sich ebensowenig der Animismus durch-
führen. Er nimmt einen wesentlichen Unterschied zwischen dem
 
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